26. Plenarrede: Klimakonferenz in Marrakesch

Rede im Bundestag, 10. November 2016

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema der heutigen Debatte lautet: „Klimakonferenz von Marrakesch“. Deswegen möchte ich in meiner Rede den Schwerpunkt genau darauf legen.

Am 4. November dieses Jahres ist das Paris-Abkommen - rechtzeitig vor der Wahl in den Vereinigten Staaten - in Kraft getreten. In der Woche darauf hat die erste Vertragsstaatenkonferenz des Pariser Abkommens stattgefunden. Auch Deutschland hat mit seiner schnellen Ratifizierung darauf hingewirkt, dass dies möglich geworden ist. So schnell wurde ein multinationaler Vertrag noch nie ratifiziert. Das ist der zweite wichtige Erfolg nach Paris.

Die Vertragsstaaten haben anerkannt: Die Bekämpfung des Klimawandels ist eine globale Herausforderung, die wir nur gemeinsam bewältigen können. Die Stimmung in der Welt hat sich durch den Prozess bis zur Klimakonferenz in Paris geändert. Jeder einzelne Staat der Welt ist bereit, seinen eigenen Klimaschutzbeitrag zu leisten.

Erst diese Woche hatte ich ein Treffen mit dem chilenischen Umweltminister. Auch sein Land hat verstanden, dass Chile einen Beitrag leisten muss, und wichtige Weichenstellungen vorgenommen, um zum Beispiel den Ausbau der erneuerbaren Energien zu schaffen und mehr erneuerbare Energien einzusetzen. Das ist nur ein Beispiel. Alle sind mit an Bord. Wir haben den Paradigmenwechsel geschafft, und das ist gut so, meine Damen und Herren.

Natürlich ist es immens wichtig, dass wir als Industrienation einen ambitionierten Beitrag leisten. Da werden wir auch liefern, und wir liefern bereits.
Bei all den Diskussionen über nationale Maßnahmen müssen wir uns aber eines immer wieder vor Augen führen: Deutschland ist nur für 2,4 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich, China zum Beispiel für 28 Prozent und die USA für 16 Prozent.

Deswegen sage ich: Wir alleine können das Klima nicht retten. Wir sind Schrittmacher und müssen auch Schrittmacher sein, aber wir brauchen auch die anderen Staaten dieser Welt.
Deswegen haben die Regierungsfraktionen einen Antrag vorgelegt, der sich auf alle Ebenen bezieht, auf die internationale, auf die europäische und auf die nationale Ebene. Wie jedes Jahr formulieren wir auch in diesem Antrag unsere Forderungen in Bezug auf die Verhandlungen der COP22. Wir im Bundestag haben unsere Hausaufgaben also gemacht, und das ist gut so.

Das Motto der Klimakonferenz in Marrakesch lautet „Action and Implementation“, also „Handeln und Umsetzen“. Die Vertragsstaaten wollen dort einen konkreten Fahrplan festlegen. In Paris hat man die nationalen Klimabeiträge vorgelegt, jetzt geht es darum - auch das ist immens wichtig -, wie diese gemessen, gemeldet und überprüft werden. Wir haben uns immer für diesen Überprüfungsmechanismus starkgemacht.

Es geht aber in erster Linie um technische Details, und das ist auch gut so; denn die Staaten, die noch nicht ratifiziert haben, können nicht mitbeschließen. Man will sie nicht vor den Kopf stoßen und deshalb weitergehende Beschlüsse erst fassen, wenn alle an Bord sind. Das ist der Geist, das Momentum von Paris. Dies nutzen wir. Wir müssen diesen gemeinsamen Willen zum Kampf gegen die Erderwärmung aufrechterhalten und alle Staaten in diesem Prozess mitnehmen.

Wir wollen, dass die Staaten, die das nicht aus eigener Kraft schaffen, entsprechend unterstützt werden, Klimaschutz zu betreiben und sich an den Klimawandel anzupassen.
In Paris haben die Industrieländer ihre Zusage bestätigt, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar aus privaten und öffentlichen Quellen zu mobilisieren. Wir fordern in unserem Antrag, dass die Industrieländer einen genauen Aufwuchspfad zur Zielerreichung vorlegen und dass eben auch - die Ministerin hat es auch erwähnt - private Mittel mobilisiert werden, um dies am Ende auch zu schaffen. Wir setzen darauf, dass es gelingt, diesen Topf zu füllen. Hierzu haben wir mit 750 Millionen Euro zur Erstauffüllung des Grünen Klimafonds beigetragen. Damit waren wir die Ersten, die die Zusage gemacht und Geld bereitgestellt haben.

Deutschland beteiligt sich vor allem durch das BMZ, das Entwicklungshilfeministerium, in hohem Maße an der Klimafinanzierung. Mit der Initiative „Erneuerbare Energien für Afrika“ stellen wir 3 Milliarden Euro für weitere 10 Gigawatt an erneuerbaren Energien dort zur Verfügung. 150 Millionen Euro investiert das BMZ in die Klimarisikoversicherung. Das ist ein weiterer wichtiger Punkt. Das Ziel ist, weitere 180 Millionen Menschen abzusichern und damit vor den Folgen des Klimawandels zu schützen.

Das ist wahrlich kein Pappenstiel und zeigt, dass Deutschland seine finanzielle Verantwortung für den internationalen Klimaschutz auch wahrnimmt.
Die finanzielle Unterstützung ist die eine Sache, die andere Sache ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Wir teilen unsere Erfahrungen mit anderen Ländern, insbesondere mit den Ländern, die gerade erst mit dem Klimaschutz anfangen. Ein Leuchtturmprojekt, das bereits von der Ministerin genannt wurde, sind die sogenannten NDC-Partnerschaften mit den Entwicklungsländern. Diese Initiative des Entwicklungshilfeministeriums und des Umweltministeriums hilft ärmeren Ländern dabei, Strategien zu entwickeln, um ihre Klimaziele durch entsprechende Maßnahmen zu erreichen und am Ende das zu schaffen, was sie sich selbst vorgenommen haben. Dazu sollen zum Beispiel Anlaufstellen aufgebaut werden, die Informationen zu Fragen der Landwirtschaft, des Verkehrs und der erneuerbaren Energien bereithalten. Ich begrüße es sehr, dass die Ministerin angekündigt hat, dass in Marrakesch der offizielle Startschuss für diese NDC-Partnerschaften gegeben wird. In unserem Antrag fordern wir zu diesem Thema außerdem, dass in Marrakesch für diese Initiative geworben wird, sodass auch andere Industrieländer dafür gewonnen werden können und sich ihr anschließen.

Das war die internationale Ebene. Jetzt zur europäischen Ebene. Herzstück ist der Emissionshandel. Dieser Emissionshandel wird durch eine weitere Reform gestärkt und verschärft. Er ist ein marktwirtschaftliches Instrument, das kosteneffizient ist und Emissionen einspart. Deshalb fordern wir auch in unserem Antrag, dass andere Staaten beim Ausbau solcher Emissionsbepreisungssysteme unterstützt werden. Das Ziel muss die Vernetzung der bestehenden und der geplanten Emissionshandelssysteme sein, um damit dann langfristig einen globalen Kohlenstoffmarkt zu errichten.

Nun zur nationalen Ebene - sicherlich haben Sie darauf schon gewartet. Ja, auch da nimmt Deutschland seine Verantwortung wahr. Wir machen uns nicht an die Arbeit, sondern wir arbeiten, und dies schon seit Jahren. Wir haben ein ambitioniertes Klimaziel von 40 Prozent Treibhausgasreduktion bis 2020, und wir haben ein Aktionsprogramm Klimaschutz - darüber wird überhaupt nicht mehr geredet -, mit dem wir die prognostizierte Lücke bis zur Erreichung dieses Ziels schließen werden. Wir haben das Abkommen von Paris ratifiziert und durch diese schnelle Ratifizierung auch darauf hingewirkt, dass die Europäische Union ebenso schnell ratifiziert hat.

Wir stellen - ich habe es erwähnt - umfangreiche Mittel zur Finanzierung des Klimaschutz zur Verfügung, national und international. Allein das Entwicklungshilfeministerium hat die Leistungen in den letzten zehn Jahren auf knapp 2 Milliarden Euro vervierfacht.
Außerdem, meine Damen und Herren, wollen wir eine Klimaschutzpolitik, die sich ambitionierte Ziele setzt. Diese Ziele müssen aber auch erreichbar sein. Bei allen Maßnahmen müssen wir auch die Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft, auf die Wettbewerbsfähigkeit und damit auch auf die Arbeitsplätze beachten.

Ein Klimaschutzplan, der Festlegungen für die kommenden Jahrzehnte trifft, muss auch gut überlegt sein.
Als Klimapolitikerin begrüße auch ich ausdrücklich die Ankündigung, dass bis Ende der Woche eine Einigung zu diesem Klimaschutzplan vorliegen soll.

An dieser Stelle möchte ich als CSU-Politikerin ebenfalls erwähnen, dass auch die CSU-Ressorts kritisch-konstruktiv mitgearbeitet haben und Minister Schmidt diese Woche als erster die Einigung der Ressorts verkündet hat.

Meine Damen und Herren, alle Staaten um uns herum haben sich kurz- und mittelfristige Ziele gesetzt. Kein anderes Land in Europa geht derzeit so weit und setzt Leitplanken bis zum Jahr 2050. Nach dem Abkommen von Paris haben sich die G-7-Staaten vorgenommen, bis 2018 solche langfristigen Ziele vorzulegen. Wir sind also auch hier wieder Vorreiter, wenn diese Einigung kommt. Auch das muss man an dieser Stelle einmal sagen.
Jetzt betone ich noch Folgendes: Wenn wir so weitgehende Pläne machen, dann muss dieser Plan technologie- und innovationsoffen sein, auch im Bereich des Verkehrs, dann müssen wir mit jedem Euro, den wir einsetzen, am Ende die maximale Klimaschutzleistung erreichen, und dann brauchen wir nicht zuletzt die Akzeptanz der Menschen. Deshalb müssen wir die Menschen mitnehmen, wir müssen Strukturbrüche verhindern und letztendlich den Strukturwandel als Chance gestalten. Wir brauchen außerdem mehr Anreize statt Verbote. Deshalb werde ich nicht müde zu fordern, dass wir uns wieder auf den Weg machen müssen, um die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung zu erreichen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Ende. Alle Ebenen von der internationalen über die europäische bis zur nationalen Ebene müssen zum Klimaschutz beitragen. Unsere Forderungen haben wir in unserem Antrag klar formuliert. Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung sich neben dem Klimaaktionsprogramm, das wir schon umsetzen, auch auf einen ambitionierten, aber ausgewogenen Klimaschutzplan einigt. Lassen Sie uns gemeinsam beherzt und selbstbewusst nach Marrakesch fahren.
Vielen Dank.