Vierte von Dr. Anja Weisgerber im Deutschen Bundestag

Rede im Deutschen Bundestag

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Folgen des Klimawandels sind bereits heute zu beobachten. Dies hat der letzte Bericht des Weltklimarates deutlich vor Augen geführt. Deshalb sind wir uns über alle Fraktionen hinweg einig, dass wir einen ambitionierten Klimaschutz brauchen und auch wollen.

Deutschland hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Wir wollen bis 2020 40 % der CO2-Emissionen einsparen. Das ist doppelt so viel wie sich die EU bis 2020 vorgenommen hat. Nach aktuellen Prognosen werden wir ohne zusätzliche Anstrengungen aber nur 33 bis 35 %  erreichen. 

Um diese Lücke zu schließen, arbeiten wir gerade an einem Aktionsprogramm Klimaschutz 2020. Umweltministerin Hendricks hat im April dazu Eckpunkte vorgelegt. Die Verabschiedung des Aktionsprogramms ist für November diesen Jahres geplant. Darüber hinaus will die Bundesregierung 2016 einen nationalen Klimaschutzplan 2050 verabschieden. Darin sollen dann Zwischenziele für die Zeit nach 2020 zum Erreichen des langfristigen Klimaschutzziels enthalten sein. In den Eckpunkten zum Aktionsprogramm werden für sämtliche relevante Sektoren von der Energiewirtschaft über die Industrie, den Verkehr und die Kreislaufwirtschaft bis hin zur Landwirtschaft mögliche Maßnahmen aufgezeigt. In einem umfangreichen Dialogprozess werden diese jetzt gemeinsam mit allen betroffenen Ressorts, den Bundesländern und Verbänden konkret erarbeitet und festgelegt. Sie sehen, die Bundesregierung handelt und schlägt ganz konkrete Klimaschutzmaßnahmen vor. 

Da die Energiewirtschaft der Sektor mit den höchsten Treibhausgasemissionen und den größten Minderungspotenzialen ist, werde ich mich im Folgenden darauf konzentrieren. Das was in diesem Bereich am meisten zur Treibhausgasminderung beiträgt sind der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Kraft-Wärme-Kopplung, der Emissionshandel und die Steigerung der Energieeffizienz die auch im Sektor Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistung eine große Rolle spielt.

Sehr große Einsparpotentiale gibt es hier im Gebäudebereich. Dort fallen rund 40 % des Endenergieverbrauches an und etwa ein Drittel der CO2-Emissionen in Deutschland. Deshalb setzen wir weiterhin durch zahlreiche Programme der KfW Anreize zu energieeffizientem Bauen und das ist auch gut so!

Aber, meine Damen und Herren, ich werde nicht müde, es zu erwähnen: Daneben brauchen wir die steuerliche Absetzbarkeit von Investitionen in die Gebäudesanierung! Und da sind auch die Bundesländer in der Pflicht!

Einen wesentlichen Beitrag zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen muss auch der Emissionshandel leisten. Deshalb sind wir es auch, die sich auf europäischer Ebene für eine Reform stark machen. Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel und Umweltministerin Hendricks kämpfen in Brüssel dafür  dass der Emissionshandel durch diese Reform wieder flottgemacht wird und damit umweltfreundliche Kraftwerke, wie zum Beispiel moderne Gaskraftwerke, endlich wieder eine faire Chance auf den Märkten erhalten. Wir setzen uns sogar an die Spitze der Bewegung und fordern diese Reform schon vor 2020. Diskutieren müssen wir aber noch darüber, wie diese Reform aussehen soll! Ein Mindestpreis, wie Sie ihn vorschlagen, ist meiner Ansicht nach nicht der Schlüssel zu einem funktionierenden Emissionshandel. Der Vorschlag der sogenannten Marktstabilitätsreserve, die automatisch ab einer bestimmten Schwelle Zertifikate aus dem Markt nimmt oder in den Markt gibt, ist aber eine gute Basis, auf der wir aufbauen können!

Sie sehen also, wir handeln und wir liegen in unseren Absichten gar nicht so weit auseinander. Ob Klimaschutzgesetz oder Klimaaktionsprogramm 2020 und dann Klimaschutzplan 2050: Das einzige, was zählt, ist das Ergebnis, das „wie“ sollte an dieser Stelle im Sinne der Sache nachrangig sein. 

Meine Damen und Herren, wir diskutieren heute über Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland. Aber alleine können wir die Welt nicht retten. Deshalb müssen wir den Klimaschutz auf europäischer und globaler Ebene weiter vorantreiben.  Wie unsere Bundeskanzlerin gestern in ihrer Regierungserklärung sagte: Wir müssen alles daran setzen, dass Lima und dann Paris Erfolge werden. Deshalb ist es wichtig, dass wir als europäische Staaten an einem Strang ziehen und gemeinsam mit ambitionierten Zielen nach Paris fahren. Deutschland setzt sich aktuell in Brüssel weiterhin mit aller Kraft für die Beibehaltung der bewährten Zieltrias ein. Wenn Deutschland und Europa weiterhin so ehrgeizig voranschreiten, dann könnte es gelingen, dass die anderen Staaten außerhalb Europas von uns mitgerissen werden und endlich auch mehr Verantwortung übernehmen.

Ich freue mich sehr darüber, dass es in den letzten Tagen positive Signale aus den USA gab. US-Präsident Obama hat eine für sein Land noch nie dagewesene Klimarevolution angestoßen. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel hat angekündigt: Deutschland wird seine G7- oder G8-Präsidentschaft auch nutzen, um international dafür zu werben, dass wir bei den Klimaverhandlungen auch wirklich voran kommen. Dies kann entscheidend dazu beitragen, dass die internationalen Klimaverhandlungen erfolgreich abgeschlossen werden. Und deshalb begrüße ich diese Ankündigung von unserer Bundeskanzlerin sehr.  

Meine Damen und Herren, die nächsten Monate werden entscheidend dafür sein, wie es mit unserem Klimaschutz weiter geht. Die Wahrnehmung, die Sie von unserer Klimapolitik haben, ist nicht die gleiche, die die Welt von uns hat. Auch innerhalb der EU sind wir das Zugpferd. Und das erkennen auch andere Staaten außerhalb Europas an. Das sieht man auch an der Aussage, die US-Präsident Obama vor einigen Jahren hier an der Siegessäule in Berlin getroffen hat als er sagte, dass er die Treibhausgasminderung mit der gleichen Ernsthaftigkeit angehen möchte, wie wir Deutschen. Lassen Sie uns deshalb bei allen Unterschieden in den Details gemeinsam mutig voran schreiten, damit Deutschland und Europa bei der Klimakonferenz in Paris der große Wurf gelingt. Vielen Dank.