Rede anlässlich des Landfrauentags Bad Kissingen am 06. März 2012

Adolf Kolping hat einmal gesagt:
„Schön reden tut’s nicht, die Tat ziert den Mann!“ Und die Frau!
Meine sehr geehrten Landfrauen, Sie erfüllen die Worte Adolf Kolpings täglich mit Leben.
Der heutige Tag gibt mir die Gelegenheit, meine Wertschätzung für die Leistungen, die Sie für den ländlichen Raum und für die hier lebenden Menschen erbringen, zum Ausdruck zu bringen.
Ich tue dies auch im Namen aller politischen Ebenen – von der Kommune über den Landtag bis hin zu Europa.
Ich darf Ihnen versichern, dass wir Abgeordnete genau wissen, wie wichtig Ihre Arbeit für unser Land ist und dass diese Arbeit hohen Respekt verdient und auch genießt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Frau Kreisbäuerin Jörg,
Sehr geehrter Herr Landrat Bold, lieber Thomas,
verehrter Herr Kollege Kiesel, lieber Robert,
Sehr geehrter Herr Präsident Weiler, lieber Bernhard,
Herr Scheuring, (Geschäftsführer BBV Bad Kissingen)
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Herzlichen Dank für Ihre Einladung zum Landfrauentag hier in Burkardroth.
Schon einmal hier, damals Gespräch der MdEPs mit der BK Merkel abgesagt, heute Sitzungen in Brüssel, nachher fliege ich!
Komme immer wieder gerne!
Als ich hörte, dass Frau Haderthauer nicht kommen kann, habe ich spontan zugesagt und freue mich, heute hier zu sein.
Das Jahresthema „Von innen gestärkt, für Neues offen“ beinhaltet die wichtige Feststellung, dass zunächst die ganz grundsätzlichen Baustellen geklärt werden müssen, bevor man sich Neuem zuwenden kann.
Ich möchte das auf unsere Gesellschaft insgesamt übertragen.
Herr Ministerpräsident Seehofer hat den Schuldenabbau bis 2030 als großes politisches Ziel gesetzt.
Dieses Ziel ist richtig, da es auch einen Beitrag zur Generationengerechtigkeit erbringt. Wir wollen unseren Kindern Chancen und keine Schulden hinterlassen.
Es ist auch der richtige Zeitpunkt, um damit anzufangen.
Die Wirtschaftslage in Bayern ist ausgesprochen gut.
Der Schuldenabbau ist eine Zukunftsaufgabe. Doch wir müssen intelligent sparen. Es darf kein Abbau von Sozialstandards stattfinden.
Denn neben dem großen Ziel des Schuldenabbaus dürfen wir die anderen Themen nicht vergessen.
Ich denke an die Kindererziehung, die Pflege, den Umgang mit Menschen mit Behinderung oder die Frage, welchen Arbeitsplatz ich finde.
Wir müssen trotz aller großen Herausforderungen darauf achten, dass wir nachhaltig im Sinne der nachkommenden Generationen wirtschaften und dennoch in die wichtigen Zukunftsbereiche – Bildung, Kindererziehung, aber auch in Innovationen – investieren.
Damit wir unsere Gesellschaft voranbringen.
Ich möchte eine kurze Vorbemerkung machen:
Wir Bayern waren einmal das frühere Armenhaus der Republik.
Wir waren einmal ein Land, das von anderen Bundesländern sehr viel Hilfe bekommen hat.
Aber wir haben uns hochgearbeitet zum Wachstumsmotor in Deutschland.
Heute unterstützen wir die anderen Bundesländer durch den Länderfinanzausgleich.
So zahlte Bayern 2011 weit über 3 Milliarden Euro – und damit mehr als die Hälfte – in den Länderfinanzausgleich und dennoch tilgen wir Schulden in Höhe von 1 Mrd. Euro.
Daher ist es richtig, dass Seehofer und Söder eine Reform des Länderfinanzausgleichs angestoßen haben.
Es kann doch nicht sein, dass wir für das kostenlose letzte Kindergarten Jahr in Berlin bezahlen, in Bayern jedoch aufgrund des ausgeglichenen Haushalts bisher verzichtet haben!
Gleiches gilt auf europäischer Ebene. Wir wollen keinen europäischen Finanzausgleich und keine Transferunion.
Wir wollen eine Stabilitätsunion. Nach den letzten Gipfelbeschlüssen sind wir auf einem guten Weg dahin.
Europa unterstützt Griechenland, aber nur wenn das Land auch seiner Verantwortung nachkommt und die notwendigen Reformen durchführt und spart.
Bayern ist hier Vorbild in ganz Europa, weil es sogar Schulden tilgt.
Ich möchte damit folgendes deutlich machen:
Wir haben in Bayern Erfolg damit gehabt, dass wir nachhaltig wirtschaften und gleichzeitig in Wachstum investieren.
Wir haben auch deshalb Erfolg gehabt, weil wir nicht alles, was alt war, verteufelt haben.
Wir haben uns stattdessen die Offenheit für das Neue dadurch erhalten, dass wir Tradition und Fortschritt verbunden haben.
Laptop und Lederhose, beides ist gleich wichtig bei uns in Bayern!
Wir haben immer geprüft, ob das Neue auch besser ist.
Wir haben immer an dem festgehalten, was sich bewährt hat.
Aus dieser inneren Stärke heraus kann man wirklich erfolgreich sein.
Das zeigen Sie, liebe Landfrauen, durch Ihre tägliche Arbeit.
Sie sind Unternehmerfrauen und müssen ordentlich wirtschaften und haushalten können.
Getreu dem Motto, das meine Mutter immer wieder zu mir sagt:
Spare in der Zeit, so hast Du in der Not.
Als Kleinunternehmerinnen leisten Sie einen großen Beitrag zum Wachstum in Deutschland.
Ich spreche hier zu der größten Frauenbewegung in Bayern.
Sie sind schon immer auch Motor für gesellschaftspolitische Anliegen gewesen.
Sie haben sich immer in ihrem Engagement mit mehr beschäftigt, als mit den kurzfristigen Fragen der Tagespolitik.
Die bayerische Politik weiß um die Verdienste der Landfrauen.
Sie sind Meinungsführerinnen in der Gesellschaft: Im Ort, im Ehrenamt am häuslichen Tisch und am Schreibtisch in der Arbeit.
Bayerns Landfrauen sind die Seele Bayerns.
Sie leben vor, was echter Unternehmergeist ist: Verbindung von Wertschöpfung mit Wertschätzung, Verantwortung gegenüber der Gemeinde, den Mitmenschen, den Mitarbeitern und der Umwelt.
Sie leben die Balance zwischen unternehmerischer Freiheit und sozialer Verantwortung.
Deshalb kämpfen wir in Berlin und Brüssel auch für die bäuerliche Landwirtschaft in all ihren Formen und in ihrer Vielfalt.
Dass man von innen gestärkt erfolgreich für Neues sein kann, stelle ich an zwei großen Entwicklungen in der heutigen Zeit fest.
Die eine Entwicklung ist schon längere Zeit her. Vor einigen Jahrzehnten kam die ökologische Bewegung auf das Thema Umweltschutz.
Nun haben Sie als Landfrauen bereits eine natürliche, unverkrampfte und lebensnahe Einstellung zu diesem Thema.
Die Tätigkeit in der Landwirtschaft, ob haupt- oder nebenberuflich, ist die Verbindung zwischen Arbeit und Ökologie.
Hier gibt es kein Gegeneinander, sondern nur ein Miteinander.
Ihnen kam es deshalb wahrscheinlich etwas übertrieben vor, welche fast romantische Verklärung der Natur und der Ökologie erfolgt ist.
Plötzlich hat sich daraus eine Strömung entwickelt, die zunächst einmal als wirtschaftsfeindlich angesehen wurde.
Unsere großen Wirtschaftsverbände und Unternehmen haben vor zehn, zwanzig Jahren noch darüber geschimpft, dass sie nun bestimmte Umweltanforderungen erfüllen müssen.
Aber alles ist ganz anders gekommen.
Heute wissen wir: Die Ökologiebewegung war Antrieb für Innovation und für bessere Qualität.
Heute ist der Umweltschutz aus der Wirtschaft nicht mehr wegzudenken, Energieeffizienz und Erneuerbare Energien sind zu einem Standortfaktor der deutschen Wirtschaft und damit unserem weltweiten Erfolg geworden. Auch der Landwirt ist der Energiewirt der Zukunft.
Die Ökologie ist deutlich wichtiger geworden und als ein Wert in die Gesellschaft transportiert worden.
Heute wirft niemand mehr Papier oder Müll auf die Straße.
Niemand fühlt sich wohl, ein Auto zu fahren, das viel Sprit verbraucht.
Die Menschheit hat begonnen, nachhaltiger zu denken.
Dieses Umdenken hat nicht nur in Deutschland stattgefunden, sondern in ganz Europa.
Die Europäische Union ist eine große Chance in diesem Bereich, denn Umwelt- und Klimaschutz sind grenzüberschreitende Probleme.
Hierbei denke ich zum Beispiel an den Hochwasserschutz.
Da Hochwasser an den Landesgrenzen nicht halt macht und die große Mehrheit der europäischen Flüsse durch mehr als ein Land fließt, kann effektiver Hochwasserschutz nur in enger Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bewerkstelligt werden
Bei uns in Deutschland waren die Hochwasser oft besonders schlimm, weil in den flussaufwärts liegenden Ländern keine vorbeugenden Maßnahmen zur Bekämpfung des Hochwassers ergriffen wurden.
Durch die europäische Gesetzgebung erreichen wir, dass die anderen Länder Europas auf das hohe deutsche Schutzniveau angehoben werden und die Chancengleichheit im europäischen Wettbewerb steigt
Die Europäische Union gibt uns die Chance zur Bewältigung der zunehmenden grenzüberschreitenden Herausforderungen.
Gleichzeitig schützt und nützt uns die Europäische Union.
Besonders für Verbraucher setzt die EU den Rahmen für ein hohes Schutzniveau.
Hier möchte ich ein Thema ansprechen, dass immer wieder und auch derzeit in den Schlagzeilen ist – Schlagwort Müllerbrot – Lebensmittelsicherheit.
Die EU setzt sehr hohe Standards, um sichere Lebensmittel vom Erzeuger bis hin zum Verbraucher zu gewährleisten.
Hierbei spielen auch Sie, die bayerischen und europäischen Landwirte, eine bedeutsame Rolle.
Durch Ihre wertvolle Arbeit stellen Sie qualitativ hochwertige und sichere Lebensmittel für eine halbe Milliarde Europäer her.
Dieser Einsatz ist nicht hoch genug zu würdigen.
Durch die gemeinsame Agrarpolitik unterstützt die EU seit nunmehr 50 Jahren Ihre Arbeit.
Auch weiterhin wir die EU Ihre wertvolle Arbeit fördern.
Derzeit beraten wir die GAP nach 2013, wobei die Beteiligung des Europäischen Parlaments eine große Chance für Landwirte ist.
Wir werden uns für eine faire, nachhaltige und wettbewerbsfähige Landwirtschaft einsetzen und dafür, dass sich das Wirtschaften im ländlichen Raum weiterhin lohnt.
Sicherlich haben Sie bereits von den Greening-Plänen der EU-Kommission gehört: Demnach sollen 7 % der Ackerflächen stillgelegt werden.
Außerdem waren enorme Kürzungen der Direktzahlungen im Gespräch!
Beides ist mit uns so nicht zu machen.
Gerade die deutschen und bayerischen Landwirte leisten schon heute einen großen Beitrag zum Umweltschutz.
Daher werden wir uns für eine Abschwächung dieser Regelung einsetzen!
Ich verspreche Ihnen: Genauso wie ich für unsere Winzer, z. B. für den Erhalt unserer Weintraditionen wie den Bocksbeutelschutz gekämpft habe, genauso werde ich mich auch für die Landwirte einsetzen, wenn es um die Agrar-Reform geht!
Dafür haben Sie mein Wort!     
Auch für den Schutz der Verbraucher setzt sich die EU ein.
Im vergangenen Jahr haben wir eine Verordnung zur Kennzeichnung von Lebensmitteln und Lebensmittelimitaten beschlossen und damit mehr Klarheit und Wahrheit für Verbraucher.
Viele Verbraucher wollen sich bewusst ernähren.
Dafür brauchen sie die entsprechenden Informationen.
In Zukunft müssen auf jeder Lebensmittelverpackung die Nährwerte angegeben werden.
Damit können die Verbraucher auf den ersten Blick erkennen, was in dem Produkt enthalten ist.
Da die Nährwerte in Einheiten von 100 Gramm bzw. Milliliter angegeben werden müssen, kann der Verbraucher die Produkte besser vergleichen.
Auch konnten wir uns mit der Forderung für die Kennzeichnung von Lebensmittelimitaten wie Klebeschinken oder Analogkäse durchsetzen
Irreführung und Täuschung im Lebensmittelbereich haben immer mehr zugenommen – z. B. Käseimitat auf Pizza, Eis ohne Milch oder Schokoladenkekse ohne Schokolade.
Oft werden nur billigere Ersatzstoffe bzw. Aromen verwendet.
Künftig müssen Lebensmittelimitate direkt neben dem Produktnamen deutlich gekennzeichnet werden.
Somit verhindern wir die Verbrauchertäuschung bei Lebensmitteln.
Meine Damen und Herren, das Umdenken in Richtung Nachhaltigkeit war eine wichtige und richtige Entwicklung.
Die Europäische Union ist die Chance, diese Entwicklung weiter zu befördern und unseren Schutz zu gewährleisten.
Ich will heute aber nicht nur über europäische Themen sprechen, sondern deutlich machen: Auch beim Thema Familie und Soziales ist eine Trendwende notwendig.
Denn, was das Soziale angeht, sehe ich eine weitere Entwicklung in unserer Gesellschaft, die ähnlich lebensfremd verläuft: Alles wird unter wirtschaftliche Gesichtspunkte gestellt.
Wir brauchen aber eine Trendwende, die wir gerade aus der Frauensicht heraus befördern sollten.
Gerade in Ihren Lebensentwürfen ist die Verbindung der Arbeitswelt mit der Natur und den Generationen miteinander, also der Familie, vorhanden.
Sie ist viel stärker ausgeprägt als bei den klassischen Lebensentwürfen im großstädtischen oder im industrialisierten Bereich.
Gerade bei Ihnen finden wir diese vielseitigen Lebensentwürfe, die vieles miteinander vereinen:
Den Generationenzusammenhalt und die Familie, aber auch die Arbeit und der Einsatz im Betrieb.
Daneben meistens auch noch im Ehrenamt im dörflichen Miteinander.
Leider ist das ist nicht das, was man ganz grundsätzlich in der Gesellschaft feststellt.
Vor allem außerhalb Bayerns, wo es keine kleinteilige Landwirtschaft gibt, sondern nur große Agrarbetriebe.
Da wird alles der Erwerbstätigkeit untergeordnet.
Früher hat Familie noch für Alterssicherung gesorgt.
Heute haben viele den Eindruck, sie werden von unserem Sozialversicherungssystem eher bestraft, wenn sie Kinder bekommen.
Denn in der Regel unterbricht das die Erwerbstätigkeit eines Elternteils.
Die Erwerbstätigkeit bringt Dir deine Alterssicherung, nicht die Kindererziehung.
Daraufhin wurde die Anerkennung von Kindererziehungszeiten bei der Rente eingeführt. Aber das sind nur Tropfen auf dem heißen Stein.
Wenn alles was ursprünglich Familienarbeit gewesen ist, in der modernen Gesellschaft ausgelagert wird, dann muss man sich schon fragen:
Führt dies nicht in eine Einbahnstraße, die irgendwann in einer Sackgasse endet?
Ich habe es gerade schon angerissen: Es sind vor allem die weiblichen Lebensentwürfe, die im Alter bestraft werden.
Altersarmut ist weiblich.
Das ist logisch, wenn man sich vergegenwärtigt, dass diejenigen die Gewinner im System werden, die möglichst Vollzeit und ohne Unterbrechung erwerbstätig waren.
Das gesellschaftliche Ansehen definiert sich in unserer Gesellschaft über den Beruf.
Kinder werden auch nie gefragt: „Wie viele Kinder haben deine Eltern großgezogen?“
Stattdessen wird gefragt: „Was ist denn der Papa von Beruf?“
Wie ordnen wir gesellschaftlich ein? Ausschließlich über den Beruf.
Was gibt uns Alterssicherung? Fast ausschließlich der Beruf.
Ich nenne es jedoch lieber Erwerbstätigkeit.
Der Beruf ist für mich nämlich auch die Familienarbeit.
Die bringt allerdings weder Anerkennung noch Alterssicherung.
Aufgrund der langen Lebenserwartung machen wir heute nicht mehr das ganze Leben das Gleiche.
Wir Frauen versuchen, die verschiedenen Bausteine zu vereinbaren.
Es gibt heute praktisch niemanden mehr, der sich ausschließlich für die Familie engagiert. Dafür leben wir viel zu lang.
Irgendwann kommt die Zeit, in der man wieder ins Arbeitsleben möchte.
Stehen wir dann besser da, weil wir Familienarbeit gemacht haben?
Oder stehen wir nicht viel eher schlechter da, wenn wir dann wieder einscheren wollen?
Untersützung durch Beratungsstelle Frau und Beruf am RSG Bad Kissingen mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds!
Generell muss man sagen, dass eher eine Abwertung herrscht, wenn Familienarbeit zwischen Phasen der Erwerbstätigkeit geschaltet werden – sei es das Aussetzen wegen Kindern oder wegen einer Pflegetätigkeit.
Wenn wir in einer Gesellschaft leben, in der Tätigkeiten, die ursprünglich in der Familie stattgefunden haben, als jederzeit delegierbar angesehen werden, dann bleibt nicht mehr so viel Raum für das, was der Familie gehört.
Heute wird alles, was originär in Familien gemacht wurde, ausgelagert.
Damit Papa und Mama in Vollzeit ihrer Erwerbstätigkeiten nachgehen können.
Ich sage nichts dagegen: Ich habe eine kleine Tochter und arbeite weiter. Doch ziehen mein Mann und ich – mit großer Unterstützung der Großeltern – meine Tochter gemeinsam groß. Und wir haben keine Unterstützung von außen!
Wir leben sozusagen in einem Mehrgenerationenhaus!
Uns ist es wichtig, dass unsere Tochter Zeit und Raum bekommt, für die wir auch manchmal unsere Erwerbstätigkeit einschränken.
Kindererziehung ist kein 400-Euro-Job, den man irgendjemandem überlassen kann.
Das gleiche gilt für die Pflege.
Alles was das Soziale beinhaltet – also die Beziehung von Mensch zu Mensch – kann man nicht einfach auf die Technik reduzieren. Das braucht vielmehr Bindung.
Und da gibt es drei Seiten:
Die erste heißt noch einmal Kindererziehung.
Alles was in Familien passiert, ist dem Zugriff des Staates entzogen. Und das passt vielen nicht.
Es ist viel schöner, wenn man kontrollieren kann, wie die Kinder erzogen werden.
Als wenn sich da lauter Individuen entwickeln, auf die man dann vielleicht überhaupt keinen Einfluss mehr hat.
Zum zweiten diejenigen, die nicht verstanden haben, dass Bildung mehr ist.
Die sagen, dass wir die kleinen Kinder doch ganz früh fördern müssen.
Ich sage: Ein- und zweijährige sind keine zu kurz geratenen Schüler.
Sie brauchen Bildung und familiäre Bindung.
Ich wollte meine Anwesenheit heute hier nutzen, um mit ihnen auch einmal ganz grundsätzlich einen kritischen Blick auf das zu lenken, was wir in den letzten fünfzig Jahren an gesellschaftlichen Weichenstellungen vorgenommen haben.
Haben wir ein Klima und eine Gesellschaft, in der man Kinder bekommen möchte?
Es ist leider immer noch so, das in der Arbeitswelt vordergründig zwar die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besteht, sei es durch Betriebskinderkrippen oder Teilzeitangebote.
Doch für viele ist die Krippe nicht die einzige und nicht die überzeugendste Antwort.
Auch diejenigen, die die Betreuung selbst organisieren wollen oder sie selber machen wollen, brauchen Antworten.
Wir setzen uns sehr stark dafür ein, indem wir einerseits Krippen fördern, andererseits aber auch finanzielle Unterstützung geben.
Stichwort „Betreuungsgeld“ oder „Landeserziehungsgeld“.
Denn wir wollen nicht 2/3 aller Eltern im Regen stehen lassen.
Nicht, dass Sie mich falsch verstehen, ich bin keine Gegnerin von Krippen, es muss Wahlfreiheit geben und es gibt eben auch Frauen, die keine Großeltern in der Nähe haben und auch aus finanziellen Gründen erwerbstätig sein müssen!
Auch Sie müssen vom Staat unterstützt werden!
Wir brauchen Wahlfreiheit!
Und ich würde mich freuen, wenn die Familie ein bisschen mehr in den Mittelpunkt gerückt werden würde!
Wir müssen auch die Rollenbilder aufbrechen.
Männer und Frauen sind gleichwertig.
Auch Familienarbeit und Erwerbsarbeit sind gleichwertig.
Aber wie geht’s dann weiter, wenn ich wieder in den Betrieb komme?
Es darf nicht sein, dass ich in Teilzeit in die Sackgasse geschickt werde.
Und dann muss es auch Gehör finden, wenn die Hälfte aller teilzeitbeschäftigten Mütter in Deutschland sagen, sie würden gerne mehr arbeiten.
Aber wir kriegen die Möglichkeit gar nicht mehr.
Es stellt sich die Frage, wie man überhaupt ohne Abwertung im Beruf Familienzeiten und Berufszeiten verbinden kann.
Da gibt es sehr viel, das sich auch gesellschaftlich noch ändern muss.
All die Fragen der Erwerbstätigkeit von Frauen müssen wir auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels stellen.
Die Wirtschaft braucht Fachkräfte. Möglichst preiswerte Fachkräfte.
Wer sind preiswerte Fachkräfte? Die Männer nicht, sondern die Frauen!
Die Wirtschaft muss lernen, dass sie Leistung auch einkaufen muss.
Jetzt wo Fachkräfte gebraucht werden heißt es, sämtliche Mütter sollen schnellstens wieder in den Betrieb, sobald das Kind ein Jahr alt ist.
Arbeitgeberpräsident Hundt kritisiert, das Elterngeld sei zu viel Anreiz.
Man könne ein Kind ja auch schon mit wenigen Monaten in die Krippe geben, um noch schneller an den Arbeitsplatz zurück zu können.
Diese Ansicht ist nicht akzeptabel!
Lassen Sie mich zum Thema Fachkräftemangel kurz etwas ausholen
Derzeit beraten wir im Europäischen Parlament ein Gesetz, bei dem es auch um den Kampf gegen Fachkräftemangel geht – die Berufsqualifikationsrichtlinie
Durch vereinfachte und beschleunigte Anerkennungsverfahren soll die Mobilität der Arbeitnehmer vereinfacht werden.
Ein Thema in Zusammenhang hat vor Weihnachten hohe Wellen geschlagen:
Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, die Schulvoraussetzung für Krankenschwestern und Hebammen von 10 auf 12 Jahre anzuheben.
Für mich stellt sich die Frage: Schaffen wir es so, den Fachkräftemangel zu bezwingen?
Deutschland wird älter – wir spüren gerade erst den Anfang des demographischen Wandels.
Schätzungen zufolge brauchen wir bis 2050 alleine in Deutschland eine halbe Million Pflegekräfte, um den Bedarf zu decken.
Jede helfende Hand wird gebraucht werden – wir brauchen junge Menschen, die bereit sind, den Dienst am Bett zu leisten.
Gute Pflege braucht Herz und Fürsorge.
Dafür braucht man aber keine 12 Jahre Schulbildung!
Ich werde mich bei den Verhandlungen für eine Lösung einsetzen, die den Realschülern den Zugang zum Berufsfeld nicht versperrt und die deutsche Pflegeausbildung im europäischen Vergleich nicht abwertet.
Dafür gebe ich Ihnen mein Wort!
Meine sehr geehrten Damen, meine Herren, Doch kann die beste Sozialpolitik nichts ausrichten, wenn die Bürgerinnen und Bürger nicht bereit sind, sich dafür auch selbst zu engagieren.
Wenn ich in die Runde schaue, sehe ich einen Saal voller Ehrenamtlicher. Jeder von Ihnen engagiert sich – als Einzelperson oder gemeinsam in Vereinen und Verbänden.
Den ländlichen Räume kommt in dieser Hinsicht eine Vorbildfunktion zu:
Ich spreche von den engmaschigen sozialen Netzen:
Nachbarschaftshilfe ist hier noch eine Selbstverständlichkeit;
Die Generationen leben noch in einem engem Verbund;
Das ehrenamtliche Engagement und das Vereinsleben sind hier tiefer und breiter verwurzelt als in den Städten, Sei es im Bauernverband, in Kirche und Politik, im Sportverein oder auch im Frauenbund.
Das ehrenamtliche Engagement in unserer Heimat ist bunt und lebendig.
Mit ihrem Einsatz und ihrem Engagement übernehmen diese Menschen Verantwortung für die Allgemeinheit und leisten Großartiges für unsere Heimat.
Es ist heute eine gute Gelegenheit einmal „Dankeschön“ zu sagen, an all diejenigen, die sich in irgendeiner Weise freiwillig für unsere Gemeinschaft einsetzen.
Sie sind sozusagen die stillen Helden des Alltags. Herzlichen Dank dafür!
Dieser Einsatz für den Nächsten und für unser Gemeinwesen bringt nicht nur anderen etwas, er ist auch eine Bereicherung für jeden persönlich.
Und was noch wichtiger ist: Freiwilliges Engagement gibt Zusammenhalt und stiftet Identität.
Dass wir gerne hier in unserer fränkischen Heimat leben, hat auch mit den großen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu tun.
Denn was wären unsere Städte und Dörfer – hier im Landkreis Bad Kissingen – ohne freiwillige Feuerwehr, ohne Sportverein, ohne Bauernverband und ohne Landfrauen?
Diesen Aspekt kann man auch auf die europäische Ebene heben.
Denn gerade die Krise in Europa hat gezeigt:
Wir brauchen überzeugte Menschen in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, die ihre Heimat, ihre Region aktiv mitgestalten.
Wir brauchen ein Europa der Bürgerinnen und Bürger.
Wir Politiker, wir können nur das Haus Europa bauen, die Bürgerinnen und Bürger müssen es mit Leben füllen.
Die ländlichen Räume zeichnen sich auch in besonderem Maße aus durch den höheren Stellenwert, den spezifisch fränkische Traditionen und fränkische Kultur hier noch genießen:
Das beginnt bei der Pflege der Kulturlandschaft durch unsere Bäuerinnen und Bauern und führt über den gesprochenen Dialekt hin zu einem lebendigen Brauchtum.
All diese Vorzüge lassen einen Raum zur Heimat werden.
Deren Erhalt und Pflege ist insbesondere ein Verdienst der bäuerlichen Familien.
Wir in Bayern können uns glücklich schätzen, unseren ländlichen Raum bei den bayerischen Bäuerinnen und Bauern in besten Händen zu wissen.
Wenn ich in ganz Europa unterwegs bin, dann freue ich mich immer wieder so, daheim zu sein: Die blühenden Rapsfelder zu sehen und die Weinberge und unsere schönen kleinen und gepflegten Ortschaften.
Sie arbeiten alle mit daran, dass unsere Region so schön bleibt.
Sie sind sich der Verantwortung bewusst, die sie für eine Region haben, in der ihre Familien seit vielen Generationen ansässig sind und die ihnen auch heute noch Lebens- und Arbeitsmittelpunkt ist.
Sie verwirklichen im täglichen Leben ein Prinzip, das – gerade im Zusammenhang mit der Globalisierung! – häufig eingefordert, aber nur selten verwirklicht wird, nämlich das Prinzip eines nachhaltigen Wirtschaftens.
Sie wissen, dass Sie nicht nur an sich denken dürfen, sondern dass Sie „Ihr Sache“ treuhändisch für die künftigen Generationen verwalten.
Man spricht gerne vom Mittelstand als Rückgrat unserer Wirtschaft.
Diesen Vergleich möchte ich gerne aufnehmen: Der ländliche Raum ist das Rückgrat unseres Zusammenlebens in Bayern und Deutschland.
Ländliche Gebiete sind für die wirtschaftliche Vielfalt von herausragender Bedeutung.
Daher ist eine gute Politik für den ländlichen Raum die Grundlage für eine zukunftsorientierte Politik.
Die bayerische Politik erkennt das an und wird eine Politik für den ländlichen Raum gestalten. Das ist unser Auftrag.
Der Auftrag für alle politischen Ebenen – von der Kommune bis zur europäischen Ebene.
Diesen Auftrag nehmen wir an – ich denke, dass ich an dieser Stelle auch für meine Kollegen der Bundes-, Landes- und Kommunalebene sprechen kann, meine Damen und Herren.
Unsere ganze Gesellschaft würde davon profitieren, wenn die genannten Prinzipien wieder stärker Fuß im öffentlichen Bewusstsein fassen würden.
Es gibt nichts Nachhaltigeres als eine Familie zu gründen und eine fördernde Familienpolitik zu gestalten.
Und gerade hier sei es gesagt: Den Frauen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.
Auch wenn sich in den letzten Jahrzehnten bereits viel gewandelt hat, so ruht die Familienarbeit doch immer noch zum großen Teil auf den Schultern der Frauen.
Gerade für die Frauen, die in der Landwirtschaft oder im Handwerk tätig sind, bedeutet dies eine besondere Herausforderung, denn landwirtschaftliche Betriebe sind ja in aller Regel Familienbetriebe, die auf die Mitarbeit aller angewiesen sind.
Deshalb sage ich heute zu Ihnen, liebe Landfrauen, ein herzliches Vergelt’s Gott für Ihre großartige Arbeit
Im Beruf, in der Familie und
In der Gesellschaft.
Ich wünsche dem heutigen Landfrauentag noch einen schönen Verlauf und Ihnen allen für die Zukunft alles Gute.
Vielen Dank.