11. Plenarrede von Dr. Anja Weisgerber im Deutschen Bundestag

Plenarrede im Deutschen Bundestag

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in diesem Haus schon einige Male darüber diskutiert, wie Deutschland seine Klimaziele erreichen wird. Heute kann ich sagen: Wir übernehmen diese Verantwortung. Wir haben geliefert.   Allen Unkenrufen zum Trotz hat das Bundeskabinett gestern die Aktionsprogramme zum Klimaschutz und zur Energieeffizienz beschlossen. Damit zeigen wir, dass wir klar hinter unserem nationalen Klimaziel stehen, und das ist auch gut so.

Sehr geehrte Frau Höhn, Klimaschutz und Wirtschaftswachstum, ja, das sind keine Widersprüche, sondern sie können und müssen Hand in Hand gehen. Man kann mit Klimaschutz auch Arbeitsplätze schaffen und keine vernichten; aber dafür muss man es richtig machen. Mit dem neuen Aktionsprogramm setzen wir deshalb auf Anreize, auf Information, auf Beratung, auf Technologieoffenheit und nicht auf Zwang, und das ist der richtige Weg.

Denn ordnungsrechtliche Maßnahmen auf nationaler Ebene wirken nicht nur wettbewerbsverzerrend für unsere Unternehmen, sondern sie helfen dem Klima unter dem Strich auch nicht. Es ist nämlich so: Wenn wir in Deutschland durch nationale Gesetzgebung in den Bereichen CO2 reduzieren, die dem Emissionshandel ohnehin unterliegen, dann werden Emissionszertifikate frei, und der Preis sinkt noch weiter. Diese dann noch billigeren Emissionszertifikate werden dann von anderen europäischen Staaten billig gekauft, und CO2 wird dort in die Luft geblasen.

Deshalb müssen wir auf nationaler Ebene konsequent auf den Bereich setzen, der nicht vom Emissionshandel erfasst ist, und das ist vor allem der Gebäudebereich, der Bereich der Gebäudesanierung.

Hierzu enthalten die Aktionsprogramme konkrete Maßnahmen, wie die steuerliche Förderung der energetischen Sanierung, die Aufstockung und Verstetigung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms und die Weiterentwicklung der bestehenden Energieberatung sowie viele weitere konkrete Maßnahmen.
Den größten Anreiz schaffen wir mit der steuerlichen Förderung von energieeffizienten Gebäudesanierungsmaßnahmen; denn in diesem Bereich liegt ein erhebliches Einsparpotenzial.

Es gibt Berechnungen, die besagen, dass eine Erhöhung der Gebäudesanierungsquote von derzeit 0,8 Prozent auf 3 Prozent pro Jahr bis 2020 ein Einsparpotenzial von sage und schreibe 46 Millionen Tonnen CO2 bringen würde. Diesen Hebel müssen wir so weit wie möglich nutzen. Ich bin daher sehr froh, dass unser Herzensanliegen, die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung, in beide Programme aufgenommen wurde. Der Bund hat sich damit klar zur steuerlichen Förderung bekannt und hat sich für eine Förderung nicht nur der Komplettsanierung, sondern auch einzelner Maßnahmen ausgesprochen.

Meine Damen und Herren, in sämtlichen letzten Debatten zu diesem Thema hat es von Ihrer Seite immer wieder Zwischenrufe gegeben, dass Finanzminister Schäuble sich bewegen und sich klar zur steuerlichen Förderung bekennen soll. Mit den Aktionsprogrammen hat er, hat der Bund das jetzt gemacht. Nun sind die Länder am Zug.

Ich kann nur ganz klar an die Länder appellieren: Bewegt euch! Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, alle haben landeseigene Klimaschutzgesetze oder -programme verabschiedet. Liebe Landesfürsten dieser Bundesländer, lassen Sie sich eines sagen: Sie werden Ihre Ziele nicht erreichen, wenn Sie bei der steuerlichen Förderung nicht mitziehen und weiterhin kneifen.

Bayern hat am Dienstag im Ministerrat beschlossen, eine entsprechende Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen. Wir brauchen jetzt ein positives Signal aus den Bundesländern. Also lassen Sie uns keine Zeit verlieren und das endlich machen. Dies bringt nicht nur den Klimaschutz ein gewaltiges Stück voran, sondern es wäre auch ein effizientes Investitionsprogramm für unser heimisches Handwerk und den Mittelstand.

Jeder Euro, der in Sanierungsmaßnahmen investiert wird, löst mindestens 8 Euro an Folgeinvestitionen aus, wenn nicht sogar noch mehr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem Aktionsprogramm müssen alle Sektoren einen angemessenen Beitrag leisten, nicht nur der Gebäudebereich, sondern auch die Energiewirtschaft, die Industrie, die Kreislaufwirtschaft, der Verkehr und die Landwirtschaft. Dieses Paket ist eine gute Grundlage, auf der wir aufbauen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, natürlich ist klar, dass Sie „immer höher, weiter, besser“ sein wollen. Aber ich hätte mir schon gewünscht, dass Sie einmal mit einem Satz anerkannt hätten, dass es gelungen ist, genau zum richtigen Zeitpunkt - vor dem Klimagipfel in Lima - diese Aktionsprogramme zu verabschieden. Ich möchte an dieser Stelle nur noch eines sagen: Jürgen Trittin und die damalige Bundesregierung haben sich im Herbst 2000 ein nationales Klimaschutzziel - 25 Prozent Treibhausgasreduktion bis 2005 - gesetzt. Dieses Ziel wurde 2005 verfehlt. Wir setzen nun alles daran, dass uns das nicht passiert.
Vielen Dank.