18. Plenarrede von Dr. Anja Weisgerber im Deutschen Bundestag

Rede im Deutschen Bundestag, 02. Juli 2015

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Schätzungen zufolge ? wir haben es von vielen Rednern schon gehört ? landen jedes Jahr 150 000 Tonnen Elektrokleingeräte, zum Beispiel Handys oder Bügeleisen, im Restmüll und schließlich in der Müllverbrennung. Betrachtet man alle Elektrogeräte, sind es sogar 500 000 Tonnen.

Deshalb ist es gut, dass die Europäische Union den Anstoß gegeben hat. Die EU-Richtlinie über Elektronik- und Elektronik-Altgeräte wurde überarbeitet. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf setzen wir diese Richtlinie um und entwickeln das bestehende sogenannte Elektrogesetz weiter.

Ich kann mich an die Diskussionen über die Richtlinie während meiner Zeit als Europaabgeordnete erinnern. Es war immer unser Ziel, die Sammelquote zu erhöhen. Es ist nicht nur wichtig, dass wir die wertvollen Rohstoffe zurückgewinnen, sondern auch, dass wir verhindern, dass Schadstoffe in die Umwelt gelangen.

Deswegen ist es richtig, dass auch der Handel seinen Beitrag zur Erreichung der Ziele leistet. Aber ich begrüße ebenfalls, dass kleine Strukturen und eben auch die Belange der mittelständischen Unternehmen dabei berücksichtigt werden und ihren Umständen Rechnung getragen wird. Nicht jeder Dorfladen um die Ecke hat die Fläche für die Rücknahme von großen Geräten wie zum Beispiel Waschmaschinen oder Spülmaschinen. Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von über 400 Quadratmetern müssen die Altgeräte beim Kauf vergleichbarer Neugeräte zurücknehmen. Bei Kleingeräten mit einer Kantenlänge bis zu 25 Zentimeter gibt es eine Rücknahmeverpflichtung ohne den Neukauf. Bislang erfolgt diese Rücknahme eher auf freiwilliger Basis. Es ist ein wichtiger Fortschritt, dass dies jetzt auch gesetzlich geregelt ist.

Ich halte es gerade in der heutigen Zeit für richtig, dass der Onlinehandel einbezogen wird. Die Rücknahmestellen müssen auch beim Onlinehandel in zumutbarer Entfernung eingerichtet werden. Da kann man zum Beispiel auf die Paketdienste zurückgreifen.

Daneben ist ebenfalls gut, dass der Elektroschrott wie bislang bei den kommunalen Sammelstellen abgegeben werden kann. Der Verbraucher hat damit eine Reihe von Möglichkeiten, aus denen er wählen kann. Das vereinfacht letztendlich die Handhabung für den Verbraucher und trägt vielleicht dazu bei, dass die Recyclingquoten noch weiter steigen und mehr Geräte in die Wiederverwertung kommen.

Einige Kommunen haben bereits praxistaugliche Lösungen mit Beispielcharakter. Zum Beispiel gibt es in meinem Heimatland Bayern in München und auch in Augsburg flächendeckend einbruchsichere Container. Durch diese wird verhindert, dass Geräte illegal entwendet werden. Hier spielt natürlich der Datenschutz eine Rolle; er wurde bereits angesprochen. Auf Elektrogeräten sind oft auch persönliche Daten enthalten, die vielleicht in falsche Hände geraten können. Der Aspekt des Datenschutzes ist ganz wichtig.

Ich finde es gut - es gab einen entsprechenden Antrag Bayerns im Bundesrat -, dass wir das im Gesetzgebungsverfahren aufgenommen haben und dass jetzt verhindert wird, dass diese Geräte in unberechtigte Hände gelangen. Um zu verhindern, dass Unberechtigte Zugriff auf diese Daten haben, sieht das Gesetz vor, dass diejenigen, die Elektroschrott behandeln, ein Zertifikat erwerben müssen. Damit wird nachgewiesen, dass der Behandler Vorkehrungen getroffen hat, um die Bestimmungen des Datenschutzes einzuhalten. Das ist in meinen Augen wirklich sehr gut umgesetzt worden.

Rohstoffe und Sekundärrohstoffe sind etwas sehr Wertvolles, gerade auch für Deutschland, weil wir wenige eigene Rohstoffe haben. Deswegen ist es richtig, dass wir die Beweislastumkehr für die Exporteure eingeführt haben. Der Exporteur muss belegen, dass Geräte nicht gebrauchsfähig sind. Damit verhindern wir das illegale Verbringen von Rohstoffen und das Ausschlachten dieser Geräte.

Zu guter Letzt möchte ich noch auf die Produktverantwortung eingehen. Bei all den Diskussionen dürfen wir nicht vergessen, dass Deutschland schon jetzt die EU-Zielvorgaben sehr gut erfüllt. Auch bei der Produktverantwortung sind wir weltweit führend.

Es ist nämlich so, dass die Hersteller schon jetzt eine Stiftung, die Stiftung Elektro-Altgeräte Register, gegründet haben. Hersteller holen schon heute Altgeräte analog zum Marktanteil bei den Sammelstellen ab. Damit sorgen sie schon jetzt für eine umweltgerechte Entsorgung und auch für eine Verwertung der Rohstoffe. Von diesem Gedanken haben wir uns inspirieren lassen und haben die Produktverantwortung, die wir inhaltlich sehr gut finden, in das Eckpunktepapier zum Wertstoffgesetz aufgenommen. Durch diese Ausweitung der Produktverantwortung setzen wir den Anreiz für den Hersteller, gut rezyklierbare Produkte zu verwenden. Schon beim Herstellungsprozess wird diese Produktverantwortung dann wahrgenommen, bzw. es wird der Anreiz dafür gesetzt. Ich denke, damit fördern wir die stoffliche Verwertung noch weiter, auch gegenüber der thermischen Verwertung, weil die stoffliche Verwertung uns da wirklich sehr voranbringt.

Abschließend möchte ich sagen: Das Elektrogesetz ist ein wichtiger Baustein zum Schließen von Stoffkreisläufen und zur Verbesserung der stofflichen Verwertung, und es sorgt dafür, dass wertvolle Rohstoffe in der Wertschöpfungskette verbleiben.

Vielen Dank.