19. Plenarrede von Dr. Anja Weisgerber im Deutschen Bundestag

Foto: Sven Ullrich

Rede im Deutschen Bundestag, 11. September 2015

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt des Umwelt- und Bauministeriums ist in dieser Woche der letzte Einzelplan, den wir debattieren. Auch wenn momentan die Asylpolitik eine ganz große Herausforderung darstellt, verdient diese Debatte dennoch unsere volle Aufmerksamkeit; denn es geht hier gerade auch um Themen, die für die kommenden Generationen wichtig sind, wie die Umwelt- und Klimapolitik oder der Städtebau.

Deshalb möchte ich gleich zu Beginn den Schwerpunkt auf die Klimapolitik legen. In Paris muss es uns gelingen, ein verbindliches Abkommen zu verabschieden. Nur so haben wir eine realistische Chance, die Erderwärmung nachhaltig einzudämmen. Wir brauchen diesen Erfolg, und wir werden alles daran setzen, dass uns ein guter Abschluss gelingt und sich möglichst viele Länder dieser Welt zu ambitionierten Klimazielen bekennen, die auch einem Überprüfungsmechanismus unterliegen; denn diese Kontrolle ist sehr wichtig.

Wir setzen hierbei auch auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Gastgeberland Frankreich. Auf der Ebene der Parlamentarier gibt es einen regen Austausch mit den französischen Klimapolitikern. Das gibt uns Anlass zur Hoffnung.

Auch die Beschlüsse der G-7-Staaten mit dem klaren Bekenntnis zum Zwei-Grad-Ziel und dem Beschluss zur Dekarbonisierung geben uns Anlass zur Hoffnung. Das ist ein ganz wichtiger Erfolg von Kanzlerin Merkel. Diese Beschlüsse geben uns Auftrieb für die kommenden Verhandlungen. Sie haben Strahlkraft, und diese Strahlkraft müssen wir weiter nutzen und noch mehr Staaten dieser Welt mitreißen.

Auf dem Petersberger Klimadialog hat unsere Kanzlerin gesagt, die nationalen Klimaanstrengungen fallen uns leichter, wenn wir wissen, dass die Partner in der Europäischen Union, aber auch generell in der Welt, das gleiche Ziel ebenso ambitioniert und ehrgeizig verfolgen. Auf der europäischen Ebene hat man frühzeitig ambitionierte Ziele vorgelegt. Ich halte es für ein ganz wichtiges Signal, dass das Herzstück der europäischen Klimapolitik, der europäische Emissionshandel, weiter reformiert wird. Wir haben vonseiten der Kommission schon im Juli, direkt nach dem Abschluss der Debatte um die Marktstabilitätsreserve, die grundlegende Reform vorgelegt bekommen, und damit werden wir uns jetzt auseinandersetzen. Bei dieser weitergehenden Reform werden wir stets die Klimaziele zu erreichen trachten und dennoch eine Verlagerung von Arbeitsplätzen zu verhindern suchen. Das ist ebenfalls ein ganz wichtiges Ziel.

Auch von anderen Staaten dieser Welt erhalten wir wichtige positive Signale zur Klimapolitik. Viele Länder - es kommen täglich neue hinzu - haben ihre nationalen Ziele, die sogenannten INDCs, vorgelegt. Zunächst lief es schleppend. Wichtig ist aber, dass nun einige große Industrienationen wie die USA, Japan oder Russland ihre Ziele vorgelegt haben; denn das sind Länder, die beim Kioto-Protokoll nicht dabei waren.

Mit insgesamt 59 Staaten haben deutlich mehr Staaten ihre Ziele vorgelegt als in der zweiten Verpflichtungsperiode von Kioto. Damals waren es 37 Staaten. Das ist eine gute Basis, um jetzt den Druck auf internationaler Ebene zu erhöhen.

Eines möchte ich noch sagen: Es ist wichtig, dass wir national ambitionierte Klimaziele haben. Aber alleine können wir das Weltklima nicht retten. Wir brauchen dazu die anderen Staaten dieser Welt.

Genauso wichtig ist natürlich auch der Beitrag der Entwicklungs- und Schwellenländer. Gerade diese Länder spüren die Auswirkungen des Klimawandels am meisten; wir haben das vorhin bereits gehört und andiskutiert. Diese Länder brauchen unsere Unterstützung. Deswegen ist es ein ganz wichtiges Signal, dass Deutschland seine Verantwortung in puncto Klimaschutzfinanzierung wirklich ernst nimmt. Deutschland hat im vergangenen Jahr 57 Millionen Euro für den internationalen Grünen Klimafonds bereitgestellt. Im Mai hat die Bundeskanzlerin angekündigt, die Klimafinanzierung bis 2020 im Vergleich zu 2014 zu verdoppeln. Wir sind hier also auf einem guten Weg.

Dieses Versprechen bildet sich auch im aktuellen Haushalt ab. Das zeigt sich daran, dass der Haushalt rund 340 Millionen Euro für die internationalen Klimaschutzmaßnahmen vorsieht und die Mittel um 75 Millionen Euro aufgestockt wurden. Das ist ein ganz wichtiges Signal. Da werden wichtige Projekte, zum Beispiel in Brasilien im Bereich der erneuerbaren Energien und im Bereich Waldschutz, unterstützt. Das ist der richtige Weg, und diesen Weg müssen wir weitergehen.

Ich möchte noch kurz zum Geschäftsbereich Baupolitik kommen: Ich halte es für ausgesprochen positiv, dass wir die Städtebaufördermittel weiterhin fortschreiben auf dem hohen Niveau, das wir schon im Koalitionsvertrag beschlossen hatten, nämlich auf 700 Millionen Euro. Die Bundesregierung sendet hier ein ganz wichtiges Signal an die Städte und Gemeinden, denn wir dürfen gerade bei der Bewältigung des Strukturwandels und des demografischen Wandels die Städte, aber auch den ländlichen Raum nicht allein lassen. Die Städtebaufördermittel sind ein ganz wichtiges Instrument, um die Kommunen dabei zu unterstützen.

Ja, es ist so, dass diese Mittel - entgegen dem Namen Städtebaufördermittel - auch für den ländlichen Raum und für die Gemeinden zur Verfügung stehen. Es ist wichtig, dass wir diese Ausgewogenheit hinbekommen. Wir haben den Auftrag zu erfüllen, gleichwertige Lebensbedingungen im gesamten Land herzustellen. Deswegen mache ich mich immer dafür stark, dass auch der ländliche Raum weiterhin profitiert.

Im Bereich der Städtebaufördermittel halte ich es auch für einen Erfolg, dass wir neben dem altbewährten Bund-Länder-Programm dieses neue Programm für die nationalen Projekte des Städtebaus aufgelegt haben. Für dieses Programm sehen wir wieder 50 Millionen Euro vor. Mehr als 160 Kommunen hatten sich in den vergangenen beiden Jahren beworben. Es war nicht einfach, in der Expertenkommission die Entscheidung zu treffen, weil es wirklich viele gute Projekte gab. Wir haben herausragende und über Regionen hinaus wirkende Projekte ausgewählt. Das war ja der Zweck, dass wir genau diese Projekte fördern.

Das zeigt das große Potenzial, und ich finde es ausgesprochen gut, dass wir dieses Programm fortführen und jetzt mit diesen Punkten eine neue Schwerpunktsetzung haben: Bund/Länder-übergreifende Kooperationen, barrierefreier Umbau von Städten und Gemeinden, aber auch Konversion von Militärflächen. Das ist auch an die Konversionskommunen ein wichtiges Zeichen, die beim Konversionsprozess die Unterstützung des Bundes verdienen, denn auch sie übernehmen jetzt in puncto Asylpolitik Verantwortung.

Ein weiterer Schwerpunkt unserer Baupolitik muss natürlich das Thema bezahlbares Wohnen und Bauen sein. An dieser Stelle möchte ich nur sagen: Die Asylpolitik ist eine Herausforderung, die uns jetzt wirklich voll in Anspruch nimmt, aber dies kann auch eine Chance sein, denn wir Baupolitiker haben die ganze Zeit gefordert, dass wir Instrumente des steuerlichen Anreizes für den Neubau einführen. Jetzt, im Zusammenhang mit dieser Debatte, wird dies wieder auf die Tagesordnung genommen. Diese steuerlichen Anreize können dazu beitragen, dass Wohnraum geschaffen wird. Diesen Wohnraum, auch den sozialen Wohnungsbau, brauchen wir nicht nur für Flüchtlinge, sondern für uns alle. Ich halte es für sehr gut, dass das jetzt angepackt wird.

Ich muss zum Ende kommen. Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und möchte abschließend sagen: Das Bundesumwelt- und -bauministerium hat einen ausgewogenen Haushalt vorgelegt, und ich freue mich auf die Fortsetzung der parlamentarischen Beratungen mit Ihnen und auf die weitere Diskussion zum Thema Klimapolitik, auf dass uns in Paris wirklich ein guter Abschluss gelingt.
Vielen Dank.

Foto: Sven Ullrich