59. Plenarrede von Dr. Anja Weisgerber zum Klimaschutz

Rede im Deutschen Bundestag, 07. Mai 2020

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen!

Die Krise durch das Coronavirus hat unser Leben verändert. Sie beschäftigt uns, und sie ist eine Riesenherausforderung. Was uns diese Krise aber lehrt, ist, dass wir uns auf die anderen Herausforderungen, auf die weiteren Menschheitsaufgaben, die vor uns liegen, zum Beispiel den Klimawandel, besser vorbereiten müssen.

Der Klimawandel ist spürbar. Wir merken es durch die Trockenheit, durch die Schäden in den Wäldern und durch die Zunahme der Extremwetterereignisse. Der Klimawandel wird von der Wissenschaft viel deutlicher vorhergesagt, als es bei der Pandemie der Fall war. Deswegen - hierin besteht zum Teil Übereinstimmung - sind wir der Meinung, dass wir präventive, vorausschauende und nachhaltige Maßnahmen bei der Bewältigung der Krise ergreifen müssen.

Ich werde mich in der politischen Diskussion dafür stark machen, dass wir aus dieser Coronakrise Zukunftsimpulse mitnehmen, dass wir unser Land, unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft widerstandsfähig und zukunftsfest machen, dass wir gezielt in Konjunkturprogramme und in Umwelt- und Klimainnovationen investieren und dass wir die Potentiale der Digitalisierung stärker ausschöpfen. Derzeit merken wir, was alles geht. Wenn wir diese Chance nutzen, dann wird es uns gelingen, Deutschland nach der Krise nachhaltig und klimafreundlich aufzustellen.

(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Keiner klatscht! - Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber dafür - ich freue mich über den Applaus - brauchen wir keine Nachhilfe durch einen Schaufensterantrag der Grünen oder durch eine reine Schaufensterrede von Herrn Krischer.

(Beifall bei der CDU/CSU - Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das machen wir nicht!)

Vielmehr machen wir das eigenständig, selbstbewusst und konsequent. Ich als Klimabeauftragte meiner Fraktion werde dafür sorgen, dass wir die Weichen richtig stellen. Das möchte ich ganz selbstbewusst so feststellen.

(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo sind denn Ihre Leute, die das Gleiche fordern?)

Auch die Bundesregierung stellt die richtigen Weichen. Das haben wir an der Rede von Angela Merkel beim Petersberger Klimadialog gemerkt.

(Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Taten!)

Ich möchte daran erinnern, dass sogar Ihre Kollegin, Frau Badum, im Umweltausschuss diese Woche festgestellt hat, dass die Rede sehr klar war. Ich muss dazu sagen: Sie hat an Deutlichkeit nichts vermissen lassen.

(Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es wäre schön, wenn man Sie für Taten loben könnte!)

Sie hat auch nicht vermissen lassen, dass sich Deutschland und die Europäische Union weiterhin konsequent auf dem Weg des Klimaschutzes bewegen. Auch die anderen Staaten der Welt sind dazu aufgefordert. Was die Grünen machen, ist eine rein nationale Klimapolitik.

(Steffi Lemke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ein Quatsch! - Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unsinn! Haben Sie den Antrag mal gelesen?)

Aber wir werden den Klimawandel nicht bewältigen, wenn die Wirtschaft der Entwicklungs- und Schwellenländer nicht von Anfang an klimafreundlich aufgebaut wird. Auch in die Richtung müssen wir denken und nicht nur rein national.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Aber das ist typisch für die Politik der Grünen. Es ist auch selbstbewusst festzustellen, dass Deutschland vier Milliarden Euro in die internationale Klimafinanzierung steckt. Wir haben unseren Einsatz seit 2014 verdoppelt, und auch 2020 wird Deutschland seinen Beitrag leisten.

Auch auf der nationalen Ebene gehen wir unseren Weg konsequent weiter. Das Klimaschutzprogramm ist ein Stichwort. Das Klimaschutzprogramm enthält über 60 Maßnahmen in allen Sektoren,

(Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie viele sind umgesetzt?)

zum Beispiel ein Klimaschutzgesetz mit einem Kontrollmechanismus, wie es von Ihnen gefordert wurde. Wir haben hinsichtlich der CO2-Bepreisung parteiübergreifend einen Kompromiss gefunden, der im Bundesrat einvernehmlich verabschiedet wurde. Wir gehen neue Wege mit einem nationalen Emissionshandelssystem im Bereich Wärme und Verkehr. Anstatt auf Verbote des Verbrennungsmotors zu setzen, sagen wir, wir brauchen Anreize, gerade auf der Verbraucherseite, dass die Menschen auf klimafreundliche Technologie umsteigen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist doch der Weg, meine Damen und Herren.

Zur Kohleverstromung. Nach dem Ausstieg aus der Kernenergie steigen wir auch aus der Kohle aus, und das ist nicht einfach. Ich war in Nordrhein-Westfalen in den Gebieten, die von dem tiefgreifenden Strukturwandel betroffen sind.

(Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Haben Sie Herrn Krischer besucht?)

Wir müssen gemeinsam Wege suchen, wie man den Menschen vor Ort Perspektiven für Arbeitsplätze aufzeigt. Neben dem Ausstieg aus der Kohleverstromung bringen wir auch den Ausbau der Erneuerbaren Energien voran.

Jetzt aber konkret zu Ihrem Antrag. Ich habe mich heute Nachmittag wirklich intensiv mit dem Antrag auseinandergesetzt.

(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist ja schon mal gut!)

Ich habe in Suchfunktionen nebeneinandergestellt, was im Klimaschutzprogramm, in unserem 173 Seiten langen Maßnahmenprogramm steht, und im Gegensatz dazu in Ihrem Antrag. Ich hatte manchmal den Eindruck, dass Sie einfach, copy und paste, die Überschriften aus unserem Klimaschutzprogramm in Ihren Antrag reinkopiert haben.

(Beifall bei der CDU/CSU - Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das muss ich Ihnen ganz deutlich sagen. Ich nenne ein paar Überschriften: Humusaufbau, Humuserhalt, Schutz von Moorböden, Fördermaßnahmen auf das Tierwohl ausrichten, Tierernährung, innovative Futtermittel verwenden, Lebensmittelverschwendung verringern, Verpackungsmüll reduzieren, Waldumbau. Bei all diesen Themen brauchen wir keine Nachhilfe. Wir haben gerade einen Waldgipfel gehabt. 500 Millionen Euro werden in Wiederaufforstungs- und Anpassungsprogramme investiert,

(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau das ist das Problem!)

weil der Wald der Klimaschützer Nummer eins ist.

Werte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ich würde mir wünschen, dass wir uns bei bestimmten Projekten gemeinsam auf den Weg machen, zum Beispiel beim Thema „Ausweitung des Emissionshandels auf die Bereiche Wärme und Verkehr“. Auf EU-Ebene blockieren Ihre Kollegen aber gerade diese Ausweitung.

(Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wo? Was?)

Da setzt man wieder nur auf eine Verschärfung der CO2-Grenzwerte. So werden wir die Klimaziele im Bereich Verkehr nicht erreichen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Petra Pau: Kollegin Weisgerber, achten Sie bitte auf die Zeit.

Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU): Lassen Sie uns lieber gemeinsam Wege gehen und nicht Schaufensteranträge stellen.

Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)