65. Plenarrede von Dr. Anja Weisgerber zum Thema Veränderung des Verpackungsgesetzes

Rede im Deutschen Bundestag, 26. November 2020

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Eine Studie aus Australien hat ergeben, dass jeder Mensch pro Woche rund fünf Gramm Mikroplastik zu sich nimmt: über das Wasser, die Luft und die Nahrung. Das entspricht etwa dem Gewicht einer Kreditkarte.

(Andreas Bleck (AfD): Erst mal müssen wir feststellen, ob Mikroplastik schädlich ist! Das wissen wir noch nicht!)

Es ist also richtig, dass wir Plastik reduzieren, und mit dem Verbot von Plastiktüten kommen wir hier einen wichtigen Schritt voran. Das Verbot ist ein Baustein unserer gesamten Politik in diesem Bereich.
Bevor ich auf das Verbot der Plastiktüten komme, möchte ich nun die anderen Bausteine benennen. Unsere Ziele sind: weniger Verpackung und mehr Recycling. Vieles wurde bereits auf den Weg gebracht, auf nationaler und auf europäischer Ebene.

Das Verpackungsgesetz leistet seit dem Inkrafttreten Anfang 2019 einen entscheidenden Beitrag zum Umwelt- und Ressourcenschutz durch die Eindämmung des Plastikverbrauchs. Denn mit dem Verpackungsgesetz haben wir die Recyclingquoten deutlich erhöht. Diese Quote wird in Deutschland bis zum Jahr 2022 von bislang 36 Prozent auf 63 Prozent fast verdoppelt; und das ist gut so. Die Quote liegt damit auch weit über den von der EU-Verpackungsrichtlinie vorgegebenen Zielen; wir gehen also in Deutschland einen Schritt weiter. Damit werden mehr Sekundärrohstoffe wiedergewonnen und in den Stoffkreislauf zurückgeführt.

Die Entsorgungswirtschaft hat bereits in zusätzliche Sortier- und Recyclinganlagen investiert. Deutschland ist hier auf einem guten Weg. Außerdem haben wir mit dem Verpackungsgesetz die Lizenzentgelte stärker ökologisiert.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Auch das ist wichtig; denn das bedeutet, dass die Beteiligungsentgelte für die Hersteller nach dem Verpackungsmaterial, der Menge und der Recyclingfähigkeit bemessen werden. Dafür habe ich mich eingesetzt; denn dadurch wird beim Hersteller ein Anreiz gesetzt, auf Verpackungsmaterial zu verzichten und recyclingfähige Materialien zu verwenden. Genau das sind die richtigen Bausteine in diesem Zusammenhang.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli Nissen (SPD))

Mit dem Verpackungsgesetz haben wir außerdem eine zentrale Stelle geschaffen, um mehr Transparenz in der Produktverantwortung der Hersteller zu gewährleisten.

Wir sehen, dass diese Maßnahmen wirken. In Summe wurden 2019 über 5,3 Millionen Tonnen gebrauchte Verpackungen wiederverwertet. Das ist im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 13 Prozent; und das ist gut so. Auch das gehört in den Gesamtkontext unserer Kreislaufwirtschafts- und Abfallvermeidungspolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Trotzdem müssen wir auch den Verpackungsverbrauch insgesamt reduzieren; denn in Deutschland fallen jährlich nach wie vor rund 6 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle an. Einweggeschirr und To-go-Plastikverpackungen tragen einen großen Anteil daran. Deswegen ist ein wichtiger Schritt auf europäischer Ebene, um diesen Plastikverbrauch zu reduzieren, das europaweite Verbot von Einwegplastik. Dieses Verbot wird im Juli 2021 auch in Deutschland in Kraft treten. Laut einer Erhebung des Bundesumweltministeriums werden in Deutschland zum Beispiel stündlich rund 320 000 Einwegbecher verbraucht. Auch dem wirken wir damit entgegen.

Bei den Kunststofftragetaschen, um die es in diesem Gesetz geht, sind wir bereits einen Schritt weiter. Bereits seit 2016 - das wurde erwähnt - gibt es eine Vereinbarung mit dem Handel, Kunststofftragetaschen nur noch gegen Bezahlung anzubieten. Dadurch ist der Verbrauch deutlich gesenkt worden. Pro Kopf und Jahr verbrauchen die Deutschen nur noch 20 Tüten.

(Judith Skudelny (FDP): Der Handel hat sich an die Vereinbarung gehalten, die Regierung nicht!)

Dieser Schritt hat aber auch eines gezeigt, nämlich dass sich die Verbraucher umstellen und deutlich weniger Plastiktüten verwenden können. Der Verzicht darauf ist also möglich. Vor dem Hintergrund war der Schritt zum Verbot der Tüten nicht mehr weit. Damit machen wir jetzt Nägel mit Köpfen. Der Verbrauch dieser Plastiktüten wird auf null reduziert; und das ist gut so, meine Damen und Herren.

Leichte Kunststofftragetaschen mit einer Wandstärke von weniger als 15 Mikrometern nehmen wir aus dem Verbot aus. Warum? Hier geht es zum Beispiel um Verpackungen mit frischem Fleisch; das ist da aus Hygienegründen sinnvoll, weil es keine vernünftigen Alternativen gibt. Es stimmt aber auch, dass Tüten mit einer Wandstärke von 15 bis 50 Mikrometern eine besonders ineffiziente Ressourcennutzung darstellen. Diese Tüten werden oft nur einmal benutzt, selten wiederverwertet und werden schnell zu Abfall.

Deswegen ist es richtig, dass wir mit dem Verbot diesen Schritt heute gehen. Es ist ein Baustein unserer gesamten Abfallpolitik, die für Kreislaufwirtschaft steht.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)