Der Bocksbeutel muss bleiben

Bayernkurier, 20. September 2014

In der EU-Kommission soll es Bestrebungen geben, am Schutz des fränkischen Bocksbeutels zu rühren. Staatskanzlei, CSU-Europa-Gruppe und Landesgruppe sowie Landwirtschaftsminister Christian Schmidt sind entschlossen, jeden Brüsseler Angriff auf die fränkische Qualitätsmarke im Keim zu ersticken.

„Die Exklusivität unserer traditionellen fränkischen Bocksbeutelflasche muss erhalten bleiben.“ Das betonte Bayerns Europaministerin Beate Merk zur jüngsten Sitzung des Ausschusses für die Gemeinsame Marktordnung der Europäischen Kommission.

Im Zuge der durch den Vertrag von Lissabon notwendig gewordenen Überarbeitung von Verordnungen soll auch jene entscheidende Weinkennungs-Durchführungs-Verord­nung über­arbeitet werden, die die „Verwendung der anerkannten besonderen Flaschenarten“ regelt, heißt es aus der Münchner Staatskanzlei.

Das könnte den traditionellen fränkischen Bocksbeutel betreffen. Denn bislang ist die „Verwendung der anerkannten besonderen Flaschenarten“ klar geregelt: Der Bocksbeutel als anerkannte Flaschenform darf nur in Franken, einigen Teilen Badens sowie in bestimmten, genau bezeichneten Regionen Italiens, Griechenlands und Portugals verwendet werden.

Offenbar drängen jetzt einige wenige EU-Länder auf weitere Liberalisierung und wollen dabei den Schutz des Bocksbeutels in Frage stellen, berichtet die unterfränkische Bundetagsabgeordnete Anja Weigerber (Schweinfurt-Kitzingen) und nennt Dänemark und Großbritannien. Beider Motiv ist unklar: Dänemark ist als Weinbauland noch nicht aufgetreten. Die Briten, die als einstiger Teil des Römischen Reiches Weinvergangenheit haben und heute sehr trinkbare „Sparklings“ (die nicht Champagner heißen dürfen) und Weine aus Kent, Sussex, Devon oder Cornwall vorweisen können, sind bislang bequem ohne Bocksbeutel ausgekommen.

Wie auch immer, die Staatskanzlei in München, die CSU-Europagruppe in Straßburg, die Landesgruppe in Berlin und Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt - ein Franke - sind entschlossen, eine neue Kommissions-Diskussion um den Schutz des Bocksbeutel gar nicht erst aufkommen zu lassen. Denn als es um die Weinmarkt-Reform 2007 ging, hatte die CSU-Europagruppe - damals vor allem Anja Weisgerber und der heutige agrarpolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Albert Deß - zusammen mit dem damaligen Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer um den Schutz des Bocksbeutels regelrecht kämpfen müssen. Weisgerber und Deß ist es 2007 mit großer Hartnäckigkeit gelungen, Kommission, Abgeordnetenkollegen und Mitgliedstaaten von der Notwendigkeit zu überzeugen, die Verwendung der Bocksbeutel-Flaschenform zu schützen. Umso entschlossener sind sie heute: „Eine Abschaffung des gesetzlichen Bocksbeutelschutzes wird es mit uns auch dieses Mal nicht geben.“ Weisgerber, jetzt im Bundestag, und Deß versprechen, jede derartige Forderung „schon im Keim zu ersticken“. Auch Landwirtschaftsminister Christian Schmidt hat mit Noch-Landwirtschaftskommissar Dacian Ciolos im persönlichen Gespräch schon über den fränkischen Bocksbeutel gesprochen.

Im Agrarausschuss des Europaparlaments hat Deß den europäischen Abgeordnetenkollegen eben erst noch einmal nachdrücklich auseinandergesetzt, worum es geht: Der Bocksbeutel ist seit Jahrhunderten ein Markenzeichen fränkischen Weinbaus.

Die Historie gibt Deß recht: Bekannt ist die Flaschenform in Franken wenigstens seit dem 16. Jahrhundert. 1726 beschloss der Würzburger Stadtrat, Weine der Vorzugslage Würzburger Stein und des besonders guten Jahrgangs 1718 in gläserne Bocksbeutel (die damals noch schöne 1,2 Liter maßen) abzufüllen und mit dem Stadtsiegel zu versehen. Im Grunde seither steht der Bocksbeutel für fränkische Weine hoher Qualität und muss genau darum geschützt werden, betont auch Artur Steinmann, Präsident des Fränkischen Weinbauverbandes: „Der Verbraucher muss sich auch in Zukunft auf dieses Qualitätsmerkmal verlassen können.“

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