Koalition einigt sich auf Transitverfahren

Stellungnahme, 09. Juli 2018

Auf Druck der CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben unsere Parteispitzen die strittige Frage über das richtige Grenzregime Anfang letzter Woche endlich geklärt und eine Einigung auch mit der SPD erzielt. Das war dringend notwendig! In unserer Fraktionssitzung am Montag letzter Woche haben wir ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass wir von unseren Führungspersönlichkeiten verlangen, den Streit noch in dieser Woche beizulegen. Denn wir als Fraktion aus CDU und CSU wollen uns nicht auseinander dividieren lassen, weder aufgrund persönlicher Zuspitzungen, noch aufgrund von strittigen inhaltlichen Fragen. Durch den Zusammenhalt und dieses deutliche Signal der Unionsfraktion wurde die Einigung innerhalb der Union am Montagabend beschlossen.

Mit der SPD konnte am Freitag ein Kompromiss erzielt werden. Diese Beschlüsse enthalten – entgegen der Berichterstattung in den Medien – wichtige Fortschritte zur weiteren Ordnung, Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung, auf die ich später eingehen werde. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass diese Fortschritte auf nationaler Ebene und die Fortschritte beim Außengrenzschutz in Europa ohne die Forderungen der CSU sicher nicht erzielt worden wären.

Die Menschen wollen keinen dauerhaften Streit und kein Auseinanderbrechen von CDU und CSU. Deshalb haben wir Anfang letzter Woche die Führung von Fraktion und Partei dazu aufgefordert, schnell eine Einigung zu erzielen! Denn eines ist absolut klar: In der Politik kommt es auch auf Form und Stil an. Beides muss sich innerhalb der Unionsparteien deutlich verbessern! Das hat auch Ministerpräsident Markus Söder so formuliert. Die Mitglieder des Parteivorstands und die Abgeordneten wurden am Sonntag vergangener Woche ebenfalls völlig davon überrascht, dass Horst Seehofer am Ende der Parteivorstandssitzung nach einer Diskussion, die bereits acht Stunden angedauert hat, seinen Rücktritt als eine Option angekündigt hat.

Für die Glaubwürdigkeit in unserer Partei musste Horst Seehofer in Übereinstimmung mit den europäischen Partnern bezüglich des Grenzregimes etwas erreichen. Der Kompromiss, der jetzt sogar mit der SPD erzielt wurde, hat sich am Sonntag vergangener Woche noch nicht abgezeichnet. Deshalb war es wichtig, dass der Parteivorstand und die Bundestagsabgeordneten das Heft des Handelns in die Hand genommen und eingefordert haben, dass sich CDU und CSU Anfang letzter Woche nochmal an einen Tisch setzen, mit dem Ziel, in der Union und mit der SPD eine Einigung in der Sache zu erreichen!

In der reinen Sachfrage hat die überwältigende Mehrheit der CDU- und CSU-Abgeordneten den „Masterplan Migration“ von Horst Seehofer von Beginn an ausdrücklich unterstützt und begrüßt. Denn dieser enthält eine Reihe von Maßnahmen, die uns – neben den vielen bereits beschlossenen Gesetzen – noch konsequenter helfen werden, die Herausforderung der Migration zu bewältigen und den Rechtsstaat zur Geltung zu bringen. Das erwarten die Menschen.

Festzustellen ist, dass die CSU bezogen auf die Flüchtlingszahlen bereits in der Vergangenheit viel bewegt hat: Auch aufgrund unserer Politik der Steuerung und Begrenzung sind die Zahlen der Asylbewerber in den letzten zwei Jahren auf ein Fünftel zurückgegangen, von 890.000 im Jahr 2015 auf 186.000 im Jahr 2017. Wir haben die Aussetzung des Familiennachzugs beschlossen, der nur in Härtefällen zugelassen wird. Wir haben die sicheren Herkunftsstaaten auf die Balkanstaaten ausgeweitet und vieles mehr.

Eine Aufstellung zu den weiteren Maßnahmen, die wir angestoßen haben, finden Sie hier.

Richtig ist, dass wir europäische, multilaterale, bilaterale Lösungen und nationale Maßnahmen brauchen, um die Herausforderung der Zuwanderung nachhaltig zu bewältigen. Und als ehemalige Europaabgeordnete bin ich davon überzeugt, dass die Fortschritte in Europa – wie zum Beispiel die Verbesserung des Außengrenzschutzes durch die Stärkung von Frontex – erst möglich wurden, als von deutscher Seite weitere Signale der Begrenzung ausgingen. Denn die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland und in allen anderen europäischen Ländern will eine Begrenzung der Zuwanderung.

Unser Ziel ist es, die sogenannte Sekundärmigration im grenzfreien Europa zu reduzieren. Letztes Jahr wurden an den EU-Außengrenzen laut Frontex rund 205.000 Grenzübertritte von Asylsuchenden registriert. Im selben Zeitraum wurden in Deutschland über 198.000 Asylerstanträge gestellt. Daran zeigt sich das krasse Missverhältnis in der Verteilung der Asylbewerber in der EU. Das Anliegen der CSU war und ist es, dagegen Maßnahmen zu ergreifen. Denn das Recht auf Asyl beinhaltet nicht das Recht, sich das Land in der EU auszusuchen, in dem ein Asylantrag gestellt werden kann.

Zu den Beschlüssen im Einzelnen:

• Künftig werden an der deutsch-österreichischen Grenze Personen, die bereits in einem anderen EU-Mitgliedsstaat Asyl beantragt haben, direkt in das zuständige Land zurückgewiesen. Dazu vereinbart Deutschland Verwaltungsabkommen mit den EU-Staaten. Griechenland und Spanien haben bereit die Rücknahme zugesagt. Weitere Staaten haben eine Kooperation in Aussicht gestellt. Die Bundespolizei nutzt für dieses Transitverfahren ihre bestehenden Einrichtungen in Grenznähe. Die Zurückweisung erfolgt innerhalb von 48 Stunden. Die Durchführung eines Transitverfahrens bedeutet keine Einreise ins Bundesgebiet. Die Transitverfahren entsprechen dem EU-Recht und werden seit Jahren erfolgreich an den Flughäfen praktiziert.

• Für diejenigen Asylsuchenden, die bereits in einem anderen EU-Mitgliedstaat registriert wurden und im Inland angetroffen werden, wird ein besonderes, beschleunigtes Verfahren in den Anker-Einrichtungen ein-geführt. Dort wird kein Asylverfahren durchgeführt, sondern es wird lediglich geprüft, welches EU-Land nach Dublin-Verordnung für das Verfahren zuständig ist. Ziel ist der Abschluss eines Dublin-Verfahrens in wenigen Tagen. Dieses Verfahren dauert zurzeit teilweise mehrere Monate und nur 15 Prozent der Flüchtlinge, die gar kein Recht auf ein Asylverfahren in Deutschland haben, werden tatsächlich in das zuständige EU-Land überführt. Das ist ein wichtiger Punkt, der in den Medien nicht dargestellt wird. Denn im Vergleich zu der Zahl der Fälle, für die das Transitverfahren angewandt wird, ist die Zahl der Dublin-Fälle weitaus größer!

• Hinzu kommt: An allen Grenzen soll verstärkt Schleierfahndung und intelligente Grenzkontrollen durchgeführt werden, um die Anzahl der Aufgegriffenen aus anderen EU-Ländern deutlich zu erhöhen und sie umgehend in die ANKER-Zentren zu überführen. Auch das ist eine Verschärfung der bisherigen Praxis und ein starkes Signal für Recht und Ordnung an unseren Grenzen.

• Um die Quote der Dublin-Überstellung deutlich zu steigern, schließen wir außerdem mit verschiedenen EU-Mitgliedstaaten Verwaltungsabkommen. Die EU-Partner sollen dann Migranten, die bei ihnen registriert sind und Asyl beantragt haben, wieder zurücknehmen. Wir dürfen dabei klassische Ersteinreiseländer wie Griechenland und Italien nicht alleine lassen. Sie benötigen die personelle und logistische Unterstützung der europäischen Partner. Und wir müssen den Außengrenzschutz der EU stärken, was auf EU-Ebene bereits geplant ist.

Der Kompromiss beim Grenzregime zwischen CDU und CSU wurde von der SPD akzeptiert. Insgesamt bedeuten diese Beschlüsse: Das Wort „Asyl“ funktioniert nicht länger als pauschales Einreiseticket nach Deutschland. All das ist ein weiterer wichtiger Fortschritt zur Ordnung, Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung.

Die gesamte Einigung des Koalitionsausschusses vom Donnerstag können Sie hier nachlesen.


Der „Masterplan Migration“ enthält neben Maßnahmen zur Bekämpfung der Fluchtursachen und zur Unterstützung der Transitländer von Entwicklungshilfeminister Gerd Müller unter anderem folgende Punkte:

• Konsequente Anwendung des Sachleistungsprinzips gegenüber Geldleistungen. Denn unsere Sozialleistungen dürfen keinen Anreiz für den Zuzug nach Deutschland bieten.

• Die Bezugsdauer von niedrigeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz soll auf 36 Monate verlängert werden, statt aktuell 15 Monate. Erst danach wird die höhere Sozialhilfe gewährt.

• Zudem soll die Zahl der sicheren Herkunftsstaaten auf Algerien, Marokko und Tunesien (Maghreb-Staaten) sowie Georgien ausgeweitet werden. Damit können Asylverfahren aus diesen Ländern weiter beschleunigt werden. Ich setze da-rauf, dass die Bundesländer dieser Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten zu-stimmen, wie sie es bereits bei den Westbalkan-Staaten getan haben.

• Weiterhin soll darauf hingewirkt werden, eine verbindliche medizinische Altersfeststellung bei Vorliegen von Zweifeln an der Minderjährigkeit des Schutzsuchenden einzuführen.

Den kompletten „Masterplan Migration“ des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer können Sie hier herunterladen und nachlesen.


Auch auf europäischer Ebene hat die Kanzlerin einiges vorangebracht, worauf man aufbauen kann und das ist – ohne Zweifel – ein großer Erfolg, auch für die CSU. Das müssen wir ebenfalls herausstellen. Die wichtigsten Punkte sind:

• Entscheidend kommt es darauf an, die europäischen Außengrenzen besser und effektiver zu sichern. Dafür soll die Grenzschutzagentur Frontex mehr Personal und ein erweitertes Mandat erhalten.

• Ein wichtiger Beschluss auf europäischer Ebene ist zudem, dass es europäischen Schutzzonen außerhalb der EU in Nordafrika in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR geben soll.

• Auf freiwilliger Basis und im Einklang mit dem Völkerrecht sollen innerhalb der EU kontrollierte Zentren für aus Seenot Gerettete entstehen.

Das jetzt beschlossene Gesamtpaket aus europäischen und nationalen Maßnahmen hätte man bereits am vorletzten Wochenende haben und zusammen mit den Erfolgen in Europa positiv nach außen darstellen können. Jedoch ist es wichtig, dass die Einigung zwischen CDU und CSU – und nun auch mit der SPD – jetzt da ist.

Dennoch: Eine solche Auseinandersetzung innerhalb der Union kann und darf es nicht mehr geben! Der Unmut und das Unverständnis zu Stil und Form, aber auch die Zustimmung vieler Bürgerinnen und Bürger zu den Inhalten sind bei mir in sehr deutlicher Form angekommen. Danke für diese Wortmeldungen. Das ist die Diskussionskultur, die unsere Demokratie ausmacht.

Wir als Union stehen weiterhin zu unserem Dreiklang aus Humanität, Begrenzung und Steuerung. Und wir stehen zueinander. CDU und CSU gehören zusammen! Jetzt müssen wir schnell zur intensiven Arbeit an allen Themen zurückkehren. Und wir müssen unsere Erfolge in der Asylpolitik herausstellen, aber auch die Erfolge bei anderen Themen, wie zum Beispiel dem Baukindergeld oder dem Breitbandausbau. Das erwarten die Menschen zu Recht von einer Regierungspartei.


Alle Punkte des Asylkompromisses habe ich auch in einem Info-Dienst zusammengefasst. Diesen können Sie hier herunterladen und ausdrucken.


Stand: 09. Juli 2018