EU Parlament fordert Vereinfachung des Vergaberechts

Soziale Kriterien (Einhaltung von Tariflöhnen) müssen innerhalb der Auftragsvergabe Berücksichtigung finden können.
Das Europäische Parlament in Straßburg hat heute einen Bericht zum Thema "Neue Entwicklungen im öffentlichen Auftragswesen" angenommen. Der Bericht ist die Reaktion des Parlaments auf die zunehmende Komplexität des EU Vergaberechts und die teilweise bestehenden Rechtsunsicherheiten und Inkohärenzen in den EU Vergaberichtlinien, die durch zahlreiche Urteile des Europäischen Gerichtshofs in jüngster Zeit aufgedeckt wurden.

"Wir wollen den Kommunen als öffentlichen Auftraggebern eine praxisgerechte und effiziente Handhabung des Vergaberechts ermöglichen. Das Vergaberecht muss wieder stärker auf seinen eigentlichen Zweck zurückgeführt werden: Den möglichst wirtschaftlichen Einkauf von Gütern und Dienstleistungen für die öffentliche Hand und einen sparsamen Umgang mit Steuergeldern! Es kann nicht sein, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge allein in Deutschland jährlich prozessuale Kosten in Höhe von 19 Milliarden Euro verursacht. Diese Rechtsunsicherheit ist zugunsten eines schlanken, transparenten und effizienten Vergabeverfahrens zu beenden", kommentierte die unterfränkische Europaabgeordnete Anja Weisgerber die Gründe für den Bericht des Parlaments.

Deutlich forderten die Abgeordneten die Europäische Kommission auf, klarzustellen, dass die Kommunen bei der Auftragsvergabe auch sozialen Kriterien wie etwa der Einhaltung der Tariflöhne berücksichtigen dürfe. Zu diesem Zweck sollte die Kommission Leitlinien für die öffentliche Verwaltungen im Bereich der nachhaltigen Beschaffung erstellen.

Das Parlament sprach sich in dem Bericht zudem gegen neue Regelungen für Dienstleistungskonzessionen aus, da eine signifikante Verbesserung für das Funktionieren des Binnenmarktes nicht zu erwarten sei.

Das Beschaffungswesen von Gütern und Dienstleistungen zur öffentlichen Auftragserfüllung innerhalb der Europäischen Union besitzt eine hohe volkswirtschaftliche Bedeutung. Das Volumen beläuft sich derzeit auf über 16 % des EU Bruttoinlandsprodukts bzw. auf mehr als 1.500 Milliarden Euro.

Das jährlich in Deutschland vergebene Auftragsvolumen im Bau-, Liefer- und Dienstleistungsbereich beträgt rund 260 Milliarden Euro. Die Kommunen und ihre Einrichtungen sind der größte öffentliche Auftraggeber, gemeinsam entfallen auf sie über 20.000 öffentliche Beschaffungsstellen.