Rede anlässlich des Fördermittelsprechtages der TGZ

Sehr geehrte Herr Dr. Zöller,
sehr geehrter Herr Stumpf,          
sehr geehrte Unternehmerinnen und Unternehmer,
meine sehr geehrten Damen und Herren.

Vielen Dank für die Einladung zum heutigen Fördermittelsprechtag des TGZ in Giebelstadt. Der Fördermittelsprechtag ist eine gute Veranstaltung, um Möglichkeiten, Ideen und Anregungen auszutauschen. Oft mangelt es aber nicht an guten Ideen. Das kennen Sie auf Ihrem eigenen Tätigkeitsfeld sicher selbst. Oft fehlt einfach das nötige Geld für die Umsetzung innovativer Ideen.
Zum Glück gibt es eine ganze Reihe von Förderprogrammen der Landes, des Bundes und der EU. Beim heutigen Sprechtag haben Sie die Möglichkeit, sich über die verschiedenen Arten der Förderung zu informieren. Denn die Orientierung im „Dschungel“ der Förderprogramme aus Zuschüssen, Darlehen und Bürgschaften ist oft nicht einfach – gerade für kleine und mittelständische Unternehmen.

Diese Unternehmen sind jedoch – das erfahre ich regelmäßig bei meiner Arbeit – auf die Unterstützung durch Dritte angewiesen. Unser Land kann es sich nicht erlauben, auf die Innovationskraft der kleinen und mittelständischen Unternehmen zu verzichten. Denn diese Unternehmen sind das Rückgrat unserer Wirtschaft: Unserer Wirtschaft in Deutschland – wie der Wirtschaft in der Europäischen Union.

In Europäischer Union gibt es 23 Millionen KMU. Das entspricht 98 % aller Unternehmen. Zweidrittel aller Arbeitsplätze im Privatsektor entfallen auf die KMU und 80 % aller in den letzten 5 Jahren neugeschaffenen Stellen sind in KMU entstanden. Diese Leistungen für die Wirtschaft der EU werden viel zu selten ausgesprochen: Der heutige Tag ist ein wunderbarer Anlass, um Ihren Einsatz zu würdigen.

Trotz der Erfolge der KMUs in Unterfranken und in ganz Europa haben sie immer wieder mit Gegenwind zu kämpfen. Liquiditätsengpässe, hoher Verwaltungsaufwand und besonders die globale Wirtschaftskrise bleiben nicht ohne Auswirkungen für die Betriebe.

Die Europäische Union hat die Bedeutung des Mittelstands bereits frühzeitig erkannt und entsprechende Maßnahmen zur Förderung von KMU eingeleitet. Es ist auch mir ganz persönlich ein Herzensanliegen, dass Unterfranken und die Unternehmen in unserer Region von Europäischen Fördermitteln profitieren können.

Denn europäische Fördergelder sind gut für Unterfranken und unterstützen zahlreiche wertvolle Projekte in unserer Heimat. Viele Projekte können nur durch Zuschüsse der Europäischen Union realisiert werden.

Um diese Chancen für Unterfranken noch besser zu nutzen, habe ich Ende 2006 – auch mit Unterstützung des TGZ – den Förderleitfaden herausgegeben, der über das komplexe Thema der EU-Förderpolitik informiert. Der Leitfaden gibt aber auch Hilfestellung bei der Beantragung von Fördergeldern.
Wie ist die Idee zu diesem Leitfaden entstanden? Etwa die Hälfte aller Anfragen, die mich als Europaabgeordnete erreichen, sind Anfragen zu Fördergeldern. Durch die Beantwortung dieser Anfragen, haben wir uns im Büro das notwendige Know-How zu den europäischen Förderprogrammen erarbeitet. Aber es wurde eines vermisst: Eine übersichtliche Darstellung aller Programme, die derzeit auf dem Markt sind. Daraus hat sich die Idee zum Förderleitfaden entwickelt. Dieser Leitfaden soll Hilfe zur Selbsthilfe sein. Er soll aufzeigen was möglich ist, ohne falsche Versprechungen zu machen. Denn nicht jedes gute Projekt wird gefördert werden. Aber der Förderleitfaden öffnet eine Tür: Alleine die Chance und die Information über eine Förderung sind mehr wert, als viele Unternehmen zunächst glauben.

Die erste Auflage von 3.000 Exemplaren war bereits nach kurzer Zeit vergriffen, so dass ein Nachdruck in Auftrag gegeben werden musste. Inzwischen hat der Förderleitfaden auch in anderen Teilen Bayerns und Deutschlands Nachahmer gefunden. Im Frühjahr 2009 habe ich nochmals eine aktuelle Zusammenstellung mit Neuerungen und Veränderungen herausgegeben. Außerdem sind in diesem Update bereits geförderte Projekte dargestellt, um Erfahrungen mit den EU-Förderprogrammen einer breiten Öffentlichkeit zukommen zu lassen.

Diese Erfahrungen seit 2006 zeigen uns, dass die Fördermittel auch tatsächlich bei den Unternehmen ankommen. So wurden zum Beispiel bei der Erweiterung von mittelständischen Handwerksbetrieben für Maschinen und Gebäude Fördermittel aus dem EFRE-Programm gewährt. Insofern sehen wir, dass Unterfranken derzeit im Wettbewerb um EU-Gelder gut aufgestellt ist.
Aber wie geht es mit der Europäschen Förderpolitik weiter nach 2013? Die Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen 2014-2020 und die damit verbundenen Neuverhandlungen über die Förderprogramme bestimmen derzeit die Diskussionen im Europäischen Parlament. Neben der Strukturpolitik ist das 8. Forschungsrahmenprogramm das wichtigste Förderprogramm für unsere Region. Die Programme leisten einen großen Beitrag, die regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung zu erhöhen.
In der laufenden Förderperiode (2007-2013) sind bislang bereits rund 90 Millionen Euro an europäischen Fördermitteln aus den verschiedensten Bereichen nach Unterfranken geflossen. Darunter knapp 29 Millionen Euro aus dem Europäischen Regionalfond und Mittel aus dem Europäischen Sozialfond in Höhe von ca. 13 Millionen Euro nach Unterfranken geflossen. Die Universität Würzburg hat schon von knapp 20 Millionen Euro aus dem siebten EU-Forschungsprogramm profitiert.

An diese Erfolge wollen wir in der nächsten Förderperiode anknüpfen. Die Zahlungen aus den EU-Fonds werden künftig auch von wirtschafts- und haushaltspolitischen Bedingungen abhängig sein, was ich sehr begrüße. Die Staatsschuldenkrise hat die Notwendigkeit einer soliden Haushaltspolitik deutlich gemacht.

Größere Diskussionen gibt es über die inhaltliche Ausgestaltung der einzelnen Programme. Diese stehen im Zeichen der Europa 2020 Strategie für Wachstum und Beschäftigung. Im Interesse eines zielgerichteten Einsatzes der Mittel ist eine Konzentration auf die größten Herausforderungen der EU sinnvoll. Doch bei der Umsetzung der Vorgaben in den Mitgliedstaaten muss gewährleistet sein, dass den regionalen Bedürfnissen Rechnung getragen wird. Die EU gibt hierfür nur den Rahmen vor, die Umsetzung der Programme und die Festsetzung der Detailvorschriften erfolgen dann auf Bundes- und Landesebene.

Oberstes Ziel für Unterfranken ist, dass wir die Weichen für die Gestaltung der EU-Förderprogramme so stellen, dass unsere Region auch in der nächsten Förderperiode wieder mindestens genauso profitiert wie in der letzten Periode. Nach Meinung der Europäischen Kommission sollen auch in Zukunft alle Regionen Europas EU-Fördermittel erhalten. Die Voraussetzungen, dass Unterfranken als wirtschaftlich starke Region wieder profitieren wird, sind sehr gut.

Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass Unterfranken in den vorgesehenen Förderschwerpunktzielen Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Forschung, Innovation und kleine und mittlere Unternehmen bereits sehr gut aufgestellt ist.

Aber kleine und mittlere Unternehmen müssen noch gezielter gefördert werden. Deshalb bildet die Zukunftsfähigkeit von KMU einen Schwerpunkt in der Politik der Europäischen Union. Um die Entwicklung der KMU zu fördern legte die Europäische Kommission ein Programm für Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und für KMU vor.

Durch das Unterstützungsprogramm, das dem aktuellen Programm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation nachfolgt, stellt die EU für den Zeitraum 2014-2020 finanzielle Mittel von 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Der Mittelstand ist das Rückgrat unserer Wirtschaft, deshalb ist es – gerade in der derzeitigen Krise – wichtig, den KMU den Zugang zu Finanzierungen, Märkten und Fördermaßnahmen zu ermöglichen.

Das Programm wird dazu beitragen, das Wachstumspotenzial von Unternehmen freizusetzen. Verbesserungen im Zugang zu Finanzierung für KMU, wie Beteiligungen und Krediten, sowie die Erleichterung des Zugangs zu Märkten innerhalb und außerhalb der EU fördern die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. 

Zudem soll es Arbeitsplätze sichern und schaffen und letztlich das Wachstum der europäischen Wirtschaft erhöhen. Damit sind wir auf einem guten Weg, damit KMU auch in Zukunft gut aufgestellt sind. Das Programm soll jährlich 39.000 Unternehmen unterstützen, und zwar mit einem Beitrag zur Schaffung oder Erhaltung von 29.500 Arbeitsplätzen und zur Markteinführung von nahezu 1.000 neuen Produkten jährlich.

Momentan beraten die zuständigen Ausschüsse die Berichte und die Änderungsanträge der einzelnen Verordnungen. Nach derzeitigem Stand rechnet  man mit der Abstimmung im November dieses Jahres.
Die Europäische Union unternimmt aber noch viel mehr, um klein und mittlere Unternehmen zu unterstützen. Ein Meilenstein zur Unterstützung ist zum Beispiel der sog. Small Business Act, den wir 2008 verabschiedet haben. Durch die unternehmensfreundlichen Maßnahmen sollen kleine und mittlere Unternehmen in ganz Europa profitieren. Herzstück des Small Business Act ist das Prinzip: Vorfahrt für KMU. D. h. KMU sollen bei der Ausarbeitung neuer Politiken im Mittelpunkt stehen.

Seit 2009 gibt es einen obligatorischen KMU-Test. Demnach werden alle neuen EU-Politiken und Gesetze daraufhin geprüft, ob diese sich auf kleine Unternehmen auswirken. Ziel: Chancengleichheit erhöhen: Spezielle Unterstützung, geringere Gebühren, Ausnahmeregelungen. Bsp.: Kleinstunternehmen sollen von strengen europäischen Bilanzierungspflichten befreit werden.

Das größte Hindernis von KMU bleibt jedoch der hohe Verwaltungsaufwand. Das Bürokratieempfinden der Bürger wird oft ausschließlich mit Europa in Verbindung gebracht. Europa als Bürokratiemonster ist eines der weitestverbreiteten Vorurteile gegenüber der Europäischen Union. Oftmals tragen besonders die Binnenmarktregeln auf europäischer Ebene – ebenfalls entgegen einer weit verbreiteten Meinung – zum Bürokratieabbau bei. Eine große Anzahl unterschiedlicher einzelstaatlicher Rechtsvorschriften werden durch einheitliches Regelwerk ersetzt Beispiel: Verbraucherrechte-RL: Positiv für Verbraucher und Unternehmen.

Der Verwaltungsaufwand ist aber auf der anderen Seite auch ein Kontrollmittel für die EU, damit die Fördermittel auch tatsächlich an der richtigen Stelle ankommen. Dass dies nicht immer der Fall ist, haben wir zuletzt in Griechenland gesehen. Haben Sie also keine Angst, trotz der Formalitäten, Fördermittel zu beantragen. Dass sich der Aufwand lohnt sehen wir eindruckvoll an der Bilanz der bereits geflossenen Fördermittel für Unterfranken.

Die Europäische Union hat eine High-Level Group zum Bürokratieabbau eingesetzt. Unter der Leitung unseres ehemaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber hat sie 2008 ihre Arbeit aufgenommen. Die Arbeit wird nun bis 2012 verlängert. Ziel der High-Level-Group ist es die Bürokratiekosten beim bestehenden Recht um 25 % senken. Insgesamt bis zu 40 Mrd. Euro Einsparpotential bringt Wachstumsschub von 150 Mrd. Euro. Eines noch: Neben konkreten Maßnahmen muss auch die Akzeptanz bei den Bürgern erhöht werden.

Die zunehmende Bedeutung Europas ist nicht zu leugnen. 70-80 % der Gesetze im Bereich Umwelt, Wirtschaft und Landwirtschaft kommen aus Europa. Europäische Entscheidungen brauchen mehr Öffentlichkeit, positive Öffentlichkeit, um mehr Akzeptanz bei den Bürgern. Wir müssen mehr über die positiven Seiten der EU berichten.

Diese Akzeptanz ist derzeit wichtiger denn je. Ein geeintes und starkes Europa liegt in unbedingtem deutschem Interesse. Deutschland ist nur erfolgreich, wenn es auch Europa gut geht.

Gerade die deutsche Wirtschaft profitiert erheblich vom Euro. Ca. 60 % der Exporte gehen nach Europa. Jeder 10. Arbeitsplatz hängt vom Export ab.
Die wegfallenden Wechselkursschwankungen sorgen für Sicherheit und Planbarkeit, besonders für KMU. Beispiel: Schweiz. Das ist ein Beitrag, dass Deutschland so gut aus Wirtschaftskrise kam. In jeder Krise steckt auch eine Chance – Europa nutzt sie!

Wir brauchen mehr Europa in bestimmten Bereichen, dort wo sich Mitgliedstaaten an gemeinsame Spielregeln halten müssen. Das heißt durch mehr Europa im Großen, aber weniger Europa im Kleinen. Das gilt für die Staatsschuldenkrise wie auch für die Politik für KMU.

Ich bin mir sicher, so kann Europa gestärkt aus der Krise kommen und den künftigen Herausforderungen entgegentreten. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen beim heutigen Fördermittelsprechtag viele interessante Gespräche. Dass Sie möglichst viele neue Erkenntnisse gewinnen und optimistisch Ihre Projekte angehen können.

Vielen Dank für die Einladung und Ihre Aufmerksamkeit.