Anwältin mit Herz für unsere Heimat
Klar für die Bürger meiner Heimat
Für ein starkes Bayern in Deutschland und Europa
Landwirtschaft nachhaltig stärken
Familien eine Zukunft geben
Ländliche Räume weiterentwickeln
Wirtschaftsstandort fördern
Die Stimme meiner Heimat in Berlin
An der Spitze der CSU mitgestalten

Brüssel einmal ganz nah

Main Echo

Lebhafte Diskussionen beim Bürgerforum "Mitreden über Europa" in Aschaffenburg
Aschaffenburg: "Europa ist weit weg", hört man oft als Begründung für das Desinteresse an europäischen Themen. Am Montagabend war Europa ganz nah, zum Anfassen nah. Rund 200 Bürger nutzten die Gelegenheit, im Ridingersaal des Schlosses Johannisburg mit der Europäischen Kommission und dem Europaparlament in Dialog zu treten. Die beiden zentralen Organe des inzwischen 25 Mitglieder umfassenden Staatenbundes hatten zum Bürgerforum "Mitreden über Europa" geladen. "Mitreden" war nicht nur das Motto des Abends, sondern auch Programm. Anja Weisgerber (CSU) als Vertreterin des Europaparlaments und Jochen Kubosch als Vertreter der Kommission wurden mit vielen Fragen und Meinungen zu einem möglichen EU-Beitritt der Türkei konfrontiert. Jochen Kubosch, der häufig Bürgerforen veranstaltet, war von diesem Verlauf nicht überrascht. "Wäre ja auch langweilig, wenn es keine Meinungsverschiedenheiten gäbe", sagte er nach der Veranstaltung.
Türkei-Beitritt heftig umstritten
Rund zwei Dutzend Bürger bekamen Gelegenheit, ihre Standpunkte, Fragen und Sorgen zu äußern. Kein Blatt vor den Mund nahm ein Besucher aus Aschaffenburg: "Sollen wir uns wirklich dieses ganze Gebiet an den Hals hängen?" fragte er angesichts der Kurdenproblematik und der schwierigen Nachbarstaaten, die die Türkei habe und die bei einem Beitritt EU-Nachbarn würden. Metin Batkin, türkischstämmiger Vorsitzender der Jusos im Landkreis Aschaffenburg, konterte: "Durch eine stabile Türkei würde die ganze Region stabilisiert." Dieses Argument bestätigte Kommissions-Vertreter Kubosch. "Es wäre toll, wenn die Türkei es schaffen würde, ihre Außengrenze nach EU-Richtlinien zu schützen, gerade weil die Nachbarn schwierig sind." Allerdings ließ er keinen Zweifel daran, dass ein Beitritt zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Frage komme: "2003 sind in der Europäischen Union 2000 Asylanträge aus der Türkei positiv beschieden worden. So lange noch ein Asylantrag positiv beschieden wird, kann die Türkei nicht in die EU. Weisgerber vertrat die CSU-Meinung von der so genannten privilegierten Partnerschaft und widersprach dem Argument von Dery Özkan (stellvertreetende Unterbezirksvorsitzende der Aschaffenburger SPD), dass der Türkei schon vor 40 Jahren der Beitritt in Aussicht gestellt worden sei. Weisgerber sagte: Das Beitrittsversprechen ist eigentlich Legende." Ankara habe 1964 die Möglichkeit zu einem EWG-Beitritt eröffnet bekommen. "Damals war Europa aber noch keine politische Union, sondern ein Wirtschaftsraum", so Weisgerber.
Murat Oymakbasi, Vorsitzender des Aschaffenburger Ausländerbeirats, gab zu bedenken, dass die Türkei weder geografisch noch kulturell zu Europa gehöre und dass der türkische Ministerpräsident die EU benutze, um seine Position zu stärken beziehungsweise die des Militärs zu schwächen. Das Argument der kulturellen Verschiedenheit wollte Metin Batkin nicht gelten lassen: "Die EU ist heute schon nicht homogen." Die Frage sei, ob Europa ein "christlicher Club" bleiben oder ein Global Player werden wolle.
Sorge über Situation am Arbeitsmarkt
Nicht kontrovers, aber nicht minder emotional waren Beiträge zur Finanzierung der EU und zum Arbeitsmarkt. Ein Mann aus Laufach klagte über die "Entsolidarisierung der Gesellschaft". Die Kluft zwischen Arbeitslosen und Arbeitenden werde immer größer. Ein Teilnehmer aus Aschaffenburg bekam Applaus für seine Wortmeldung, dass die Deutsche Einheit finanziell noch nicht bewältigt sei, Deutschland aber als "Zahlmeister der EU" herhalten müsse, während Arbeitsplätze hierzulande abgebaut würden. Die Bedenken eines Kahlers gingen in die gleiche Richtung: In Osteuropa würden Niedrigstlöhne gezahlt und Arbeitnehmer in Westeuropa gezwungen, für weniger Geld länger zu arbeiten. Sonst drohten die Konzerne mit Abwanderung. "Warum seid ihr so bürokratisch?"
Ein weiteres Thema war die "Brüsseler Regelungswut". Die Schilderung eines Hobbyanglers, wie kompliziert es sei, seine in Kanada gefischte "Beute" nach Deutschland einzuführen, sorgte einerseits für Erheiterung, zeigte aber auch, dass kaum ein Lebensbereich nicht geregelt ist. Kommissions-Vertreter Kubosch entgegnete: "So lange nichts passiert, keine Seuchen eingeschleppt werden, heißt es, warum seid ihr so bürokratisch?" Andererseits seien die Bürger froh, dass Gesetze für einen "höchstmöglichen Schutz" sorgte. Das bestätigte Ulrich Reuter (CSU), Landrat des Landkreises Aschaffenburg, der als kommunaler Vertreter auf dem Podium saß. "Es gibt immer wieder Fälle, die nicht geregelt sind. Und dann wünschen die Bürger Klärung", ist Reuters Erfahrung. Einige Teilnehmer wunderten sich über die "Negativ-Diskussion", die in der Regel über die EU geführt werde. Ein Lehrer an einem Aschaffenburger Gymnasium sagte: "Wenn ich meine Schüler frage, höre ich nur `Gurken-Richtlinie´." Die positive Idee komme viel zu kurz.
Diesen Appell griff Kubosch im Hinblick auf eine mögliche Volksabstimmung über die EU-Verfassung auf: "Wem ein Wort, zum Beispiel `Gottesbezug´, fehlt, und er deshalb die Verfassung ablehnt, der lehnt auch alle anderen Werte ab."
Moderiert wurde die Veranstaltung von Claus Morhart (Main-Echo) und Frank Piplat (vom Münchner Informationsbüro des Europaparlaments). Linus Förster (SPD), Mitglied des Bayerischen Landtags, musste seine Teilnahme wegen eines Unfalls absagen.