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„Die Menschen zählen nicht, nur das Geld“ - FTE AUTOMOTIVE Beschäftigte des Eberner Automobilzulieferers tief enttäuscht.

Neue Presse

EBERN - Mit Unverständnis, Wut und heftiger Kritik an der Geschäftsführung haben am Mittwoch die Beschäftigten von FTE automotive reagiert. Im Rahmen einer Betriebsversammlung wurden sie über die Verlagerung von 350 Arbeitsplätzen nach Tschechien nochmals informiert. Dabei mussten sich die Verantwortlichen aus der Chefetage auch Buh-Rufe gefallen lassen.
Am Ende der Frühschicht war den Arbeitern beim Verlassen des Werksgeländes die Enttäuschung und die Wut deutlich anzusehen, und mit der hielten sie auch nicht hinter dem Berg. Vor allem treibt die Frauen und Männer nun eine Frage um: Ist mein Arbeitsplatz in Gefahr? Zukunftsängste machen sich bei den Menschen breit.

Als katastrophal bezeichnet eine Frau aus Altenstein die Stimmung im Betrieb. Die FTE-Beschäftigten seien tief enttäuscht. „Unsere Region geht kaputt“, sorgt sie sich. Die Verlagerung von 350 Arbeitsplätzen von Ebern und Fischbach in das neu zu erbauende Werk im tschechischen Podborany will im Unternehmen keiner verstehen. „Das ist unfair.“

Schon seit 16 Jahren arbeitet ein 35-Jähriger aus Pfarrweisach bei FTE. „Das sind jetzt Zustände wie bei AEG in Nürnberg“, beschreibt er die Situation. „Ich habe Angst, ich habe ein Haus gebaut. Wie soll ich es abbezahlen – ohne Job?“ Der Geschäftsführung wirft er vor, die Zahlen manipuliert zu haben. „Die ziehen das mit der Verlagerung der Arbeitsplätze eiskalt durch.“

Ein 17-jähriger Auszubildender aus Neubrunn sieht derweil die Chancen schwinden, bei FTE später einen Arbeitsplatz zu finden. „Da gibt es keine Übernahmegarantie.“ Die Stimmung auf der Betriebsversammlung sei gereizt gewesen: „Wie in einem Stadion, lauter Buh-Rufe.“

„Das ist hart, ich bin in großer Sorge und fühle mich nicht gut“, beschreibt ein 45-Jähriger aus Untermerzbach. „Man weiß nicht wie es weitergeht.“

Nur noch das Geld zähle, nicht mehr der Mensch, schimpft ein 48-Jähriger aus Altenstein, der seit 30 Jahren bei dem Automobilzulieferer arbeitet. Der Betriebsrat habe im Vorfeld der Entscheidung der Geschäftsführung überhaupt keinen Einfluss gehabt. „Das ist das Schlimme: Die Kapitalgesellschaften ziehen das Geld aus unserer Firma raus.“ Schuld sei auch die Globalisierung: „Wir finanzieren mit unseren Steuergeldern unseren eigenen Arbeitsplatzverlust. Für uns ist der Ofen aus.“

Wütend auf die Geschäftsführung ist ein anderer Arbeiter: „Man sollte die mal nach ihrer Qualifikation fragen. Die haben doch für FTE noch nichts Positives erreicht, noch keinen Auftrag an Land gezogen. Die ganzen Aufträge hat noch Ex-Chef Bernhard Fischenich nach Ebern geholt, nicht Herr Bruns.“

Resignation bei einem 50-Jährigen aus Pfarrweisach: „Ehrlich, Gott sei Dank bin ich schon 50 Jahre und muss diesen Zirkus nur noch zehn Jahre mitmachen.“ Aufgrund seines Alters macht er sich um seinen Arbeitsplatz derzeit keine allzu großen Sorgen: „Das wird eher junge Leute treffen, weil es ja einen Sozialplan geben soll.“ Die Führungsriege um Geschäftsführer Wolfgang W. Bruns, Werkleiter Bernhard Wittmann und Personalchef Herbert Scharf sei bei der Betriebsversammlung von den Beschäftigten ausgepfiffen worden, beschreibt der Pfarrweisacher. „Was ich unmöglich finde: Die sagen auch nichts zu Alternativen.“ Die Arbeitsplatzverlagerung sei beschlossene Sache – basta!

Dass es mit dem Abbau von 350 Arbeitsplätzen getan ist, daran glauben drei Arbeiter aus Pfaffendorf, Kraisdorf und Lauter nicht. „Da werden sicher weitere folgen.“ Jeder im Betrieb habe Angst, „schließlich kann der Verlust des Arbeitsplatzes jeden treffen“. „Und was soll man ohne Arbeit machen?“ Von der Geschäftsführung zeigen sich die drei Männer tief enttäuscht. Hinter der Verlagerung der Arbeitsplätze stecke vor allem eines: Noch mehr Gewinne zu machen, noch mehr Geld aus dem Unternehmen heraus zu ziehen. „Die Menschen zählen gar nichts mehr.“

„Eine riesen Sauerei“, so kommentiert ein Staplerfahrer aus Thüringen die Vorgänge bei Eberns größtem Arbeitgeber. „Und das alles nur, weil die Großkopferten nicht genug in den Hals kriegen.“ „Ich bin Familienvater und habe einen 17-jährigen Sohn“, schimpft der Mann und ist zugleich den Tränen nahe: „Ich möchte doch auch in Zukunft für meinen Sohn sorgen. Wie soll ich das aber ohne Arbeit?“

„Die Stimmung war am Kochen“, beschreibt Betriebsratsvorsitzender Jürgen Hennemann die Situation während der Betriebsversammlung. Der Versammlungsraum sei überfüllt gewesen, viele hätten sogar stehen müssen. Die FTE-Beschäftigten hätten bei der Versammlung heftige Kritik an der Geschäftsführung geübt und die Forderungen des Betriebsrates unterstützt und dafür applaudiert. Im Wesentlichen, so Hennemann, habe der Betriebsrat zwei Forderungen an die Geschäftsführung: Erstens, ihre Entscheidung zur Verlagerung von 350 Arbeitsplätzen aus den Werken Ebern und Fischbach zurück zu nehmen. Und zweitens: Ergebnisoffene Verhandlungen ohne Vorbedingungen gemeinsam mit dem Betriebsrat zu führen und nach einer Lösung zum Erhalt der Arbeitsplätze in Ebern zu suchen.

Die Arbeiter wollen es laut Hennemann nicht hinnehmen, dass zuvor – wie es vom Gesetz vorgesehen sei – nicht mit dem Betriebsrat gesprochen worden sei und keine Alternativen zur Arbeitsplatzverlagerung diskutiert wurden. Im Vorfeld, kritisiert der Betriebsratsvorsitzende, seien von der Geschäftsführung nur unzureichende Aussagen erfolgt. Das wolle man sich nicht gefallen lassen.

Heftiger Streit sei bei der Betriebsversammlung auch darüber entbrannt, wie die Geschäftsführung überhaupt auf 350 zu verlagernde Arbeitsplätze komme. Die Berger-Studie, so Hennemann, habe nach Informationen eines vom Betriebsrat eingesetzten eigenen Gutachters von 257 Arbeitsplätzen gesprochen, die abgebaut werden sollten. Die Geschäftsführung habe diese Zahl auf 350 erhöht und habe sogar die Zahl von 500 ins Gespräch gebracht. „Da will man offensichtlich ein Drohpotential aufbauen, um Zugeständnisse zu erzwingen.“

Bis zur nächsten Betriebsversammlung, die wohl nächste oder übernächste Woche stattfinden wird, soll sich die Geschäftsführung nach Hennemanns Worten zu den Forderungen des Betriebsrats erklären. Derweil will der Betriebsrat die Aktion „Wir sind FTE“ neu starten und sich externe Berater hinzuziehen.

Vertreter der IG Metall hätten bei der Betriebsversammlung deutlich gemacht, dass gerade die Finanzgesellschafter im Rücken von FTE das Problem seien. Zudem habe die IG Metall betont, dass notwendige Investitionen in den Betrieb in den letzten Jahren unterblieben seien und so zu wenig für die Zukunftssicherung des Werkes getan wurde. Die Kapitalgesellschafter hätten an FTE also nur „dick verdient“, äußerte sich Gottfried Schneider von der IG Metall. Als besonders dreist empfindet es die FTE-Belegschaft, dass sie nun auch noch Arbeiter aus Tschechien anlernen soll, die später in dem Werk in Podborany arbeiten. „Das schlägt dem Fass den Boden aus“, sagt Hennemann.

Derweil machte die FTE-Geschäftsführung am Mittwoch deutlich, dass das Unternehmen im Rahmen der Verlagerung von Arbeitsplätzen keine EU-Fördermittel erhalten habe. Eine diesbezügliche Behauptung von Bundestagsvize Susanne Kastner (SPD) sei nicht richtig.

Die Darstellung von FTE diesbezüglich bestätigte gegenüber der Neuen Presse auch Dr. Anja Weisgerber, Mitglied des Europäischen Parlaments. „Für diese Verlagerung gibt es keine Fördermittel aus Brüssel.“