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Europapolitik im Laufschritt

Schweinfurter Tagblatt

Strassburg Was macht eigentlich ein EU-Abgeordneter den ganzen Tag? Wir wollten es genau wissen und haben Dr. Anja Weisgerber, einzige unterfränkische Vertreterin in der EU, in einer Sitzungswoche in Straßburg begleitet. Will man da hinterher kommen, braucht man vor allen Dingen eines: gutes Schuhwerk.
"Der Dienstag ist schon heftig", gibt Anja Weisgerber zu. Für sie hat er um 630 Uhr begonnen. Beim Frühstück hat sie sich mit den wichtigsten Unterlagen auf das heutige Mammutprogramm vorbereitet. Enden wird ihr Arbeitstag, wenn Beckmann und Kerner über den Bildschirm flimmern. So spät war's auch am Montag. Nachdem die wichtigsten Büroarbeiten zu Hause erledigt waren, fuhr die Schwebheimerin mit ihrem Assistenten Christian Orschler nach Straßburg. Weisgerber nutzte die Zeit im Auto zum Arbeiten: Telefonieren, Termine koordinieren, Akten durchackern. Im Parlament wurde dann noch bis in den späten Abend getagt. Eine Woche pro Monat muss Weisgerber nach Straßburg, drei Wochen nach Brüssel. 44 Wochen im Jahr geht das so.

Dienstag, 830 Uhr, der zehnte Stock des EU-Parlamentsgebäudes in Straßburg: Nach strengen Sicherheitskontrollen und einem strammen Fußmarsch durch ein Labyrinth langer, gebogener Flure betritt Anja Weisgerber Zimmer 004 - ihr Büro. Gut, dass sie auch in Brüssel und in Deutschland je eines hat, denn viel passt hier nicht rein: Die Abgeordnete, ihr Assistent Christian Orschler und eine Praktikantin arbeiten auf gut zwölf Quadratmetern. Zwei Computer, die wichtigsten Akten, alles hat seine Ordnung. Ohne straffe Organisation geht hier nichts.

Meist ist Anja Weisgerber nur kurz in ihrem kleinen Büro. Es wirkt eher wie ein Durchlauferhitzer. Nach 45 Minuten ist das Wichtigste mit den Mitarbeitern besprochen, der Terminplan steht. Schnellen Schrittes geht es zur ersten Sitzung. Zurück durch den langen Flur, runter ins Erdgeschoss. Die Mitglieder des Umweltausschusses der EVP-Fraktion (der europäischen Konservativen) sprechen über die Hochwasserrichtlinie. Anja Weisgerber bringt dazu Änderungsanträge vor. Neben dem Umweltausschuss gehört sie auch dem Sozialausschuss und dem Binnenmarktausschuss an.

Als Neuling muss man eben besonders fleißig sein. "Man muss sich einen Namen machen und in einzelnen Bereichen zum Fachmann werden", sagt die 30-Jährige, die als eine der jüngsten Abgeordneten seit knapp zwei Jahren im EU-Parlament sitzt. "Nur so kann man Mehrheiten bekommen." Klare Mehrheitsverhältnisse, wie es meist im Bundestag der Fall ist, gibt es im Europaparlament nicht. Selbst die EVP kommt als größte Fraktion nur auf etwa ein Drittel aller Sitze. Wer eine Sache durchsetzen will, muss also immer auch viele Mitglieder anderer Fraktionen überzeugen können.

1030 Uhr: Jetzt kommen die EVP-Mitglieder zusammen, die im Binnenmarktausschuss arbeiten. Es geht um die umstrittene Dienstleistungsrichtlinie - für Weisgerber eines von vielen Themen, die zeigen, dass "Europa eben nicht weit weg ist, sondern jeden von uns direkt betrifft."

11 Uhr: Zwischenstopp im eigenen Büro, die Praktikantin hat Kaffee gekocht. Assistent Orschler arbeitet an einer Pressemitteilung, die in der nächsten Stunde verschickt werden soll. Seine Chefin ist noch nicht ganz zufrieden, lässt noch ein paar Formulierungen ändern - und ist schon wieder auf dem Sprung.

1140 Uhr: Zehn Minuten später als vereinbart trifft sich die Abgeordnete in der "Members Bar", einer kleinen Cafeteria für die Parlamentarier, mit einer Lobbyistin. Auch das gehört zur Routine in Straßburg und Brüssel. Die junge Britin trippelt schon unruhig auf der Stelle, denn ihr bleiben jetzt nur noch 20 statt 30 Minuten. Und so redet die junge Frau als ginge es um Leben und Tod. Dabei geht es "nur" um die Batterie-Richtlinie, also um die Verpflichtung der Händler beziehungsweise Hersteller, leere Batterien zurück zu nehmen. Als Interessenvertreterin der Wirtschaft macht die junge Frau auf die unterschiedlichen Rücknahmemöglichkeiten in den verschiedenen Ländern aufmerksam. Anja Weisgerber hört sich die Argumente bei einem frisch gepressten Orangensaft an, sagt, dass sie nichts versprechen kann und verabschiedet sich wieder.

Dafür? Dagegen?
12 Uhr: Eine Stunde Armgymnastik: Zur Abstimmung haben sich gut 600 Abgeordnete im großen Plenarsaal eingefunden. Dafür? Dagegen? Enthaltungen? Im Zehn-Sekunden-Takt werden Beschlüsse und Dutzende Änderungsanträge durchgepeitscht. Was jetzt so rasend schnell beschlossen wird, ist das Ergebnis langer Vorarbeit in den Fraktionen und Ausschüssen. Es werden jeweils nur die Ziffern vorgelesen, die Abgeordneten behalten mittels einer Liste den Überblick oder richten sich mit ihrer Stimme nach dem, was ihr Fraktionsvorsitzender in Reihe eins mit erhobenem oder gesenktem Daumen vorgibt.

Anja Weisgerber sitzt in der hintersten Reihe des Parlaments, weil sie im Alphabet erst weit hinten auftaucht. Vorteil: Man kann dort einigermaßen unbeobachtet telefonieren, während die andere Hand die Stimme abgibt. So ganz gefällt ihr die Pressemitteilung immer noch nicht und so gibt sie ihrem Assistenten letzte Änderungen durch. Mehrere Aufgaben gleichzeitig - Multi-Tasking heißt das Neudeutsch.

13 Uhr: Zum Glück treffen sich jeden Dienstagnachmittag die neun Europaabgeordneten der CSU. Sonst würde Anja Weisgerber wohl zwischen dem frühen Morgen und dem späten Abend nichts zwischen die Zähne bekommen. Selbstverständlich kommt man aber nicht nur zum Essen, sondern hauptsächlich zum Arbeiten zusammen. Was hier besprochen wird, ist geheim. Die Journalisten aus Bayern dürfen nur ausnahmsweise mal mit rein, freuen sich aber auch über die Stärkung. Vielleicht hätte man doch auf die neuen Schuhe verzichten sollen, denn die Ferse protestiert schon jetzt mit einer riesigen Blase gegen das Gerenne durch die Flure.

15 Uhr: Zurück ins Büro. Eine Stunde bleibt, um die verbleibenden Sitzungen des Tages vorzubereiten. Um 16 Uhr steht das Treffen der deutschen Gruppe der CDU/CSU-Europaabgeordneten an, bei der ein Positionspapier zur europäischen Sozialpolitik diskutiert wird, an dem Anja Weisgerber mitgearbeitet hat.

17 Uhr: Die EVP-Mitglieder im Sozialausschuss besprechen unter anderem Weisgerbers Bericht zum Thema Nadelstichverletzungen. Hintergrund: In Krankenhäusern verletzt sich das Personal häufig an Injektionsnadeln und Ähnlichem und setzt sich damit der Gefahr von Infektionen aus. Zwar gibt es auf dem Markt bereits Nadeln, die das verhindern, diese sind jedoch sehr teuer. Als so genannte Schattenberichterstatterin muss sich die Schwebheimerin für ihre Fraktion intensiv mit diesem Thema befassen - auf der Suche nach sinnvollen Lösungen.

18 Uhr: Weisgerbers Büro-Praktikantin empfängt eine Besuchergruppe aus Oberfranken - Studenten und Professoren. Die Chefin stößt etwas später dazu, stellt ihre Arbeit vor und beantwortet Fragen. Oberfranken hat derzeit keinen eigenen Europaabgeordneten, seit Joachim Würmeling als Staatssekretär nach Berlin gewechselt ist. Seitdem kümmert sich die Unterfränkin so gut es geht um die oberfränkischen Belange. Meist sind es mehrere Besuchergruppen pro Woche, denen die Juristin Rede und Antwort steht. Der gemeinsame EU-Führerschein, der Euro, grenzübergreifender Umweltschutz - die Schwebheimerin wird nicht müde, etwas Licht ins Dunkel der EU zu bringen, Europa greifbar zu machen.

19 Uhr: Noch schnell ein Foto mit den Studenten vor den Nationalflaggen, dann weiter zur Fraktionssitzung der EVP. Knapp zwei Stunden lang werden die Strategien für die Verhandlungen und Abstimmungen der laufenden Woche diskutiert, gemeinsame Positionen festgezurrt.

Es ist kurz vor 2130 Uhr, als Anja Weisgerber - immer noch erstaunlich flott unterwegs - das Parlamentsgebäude verlässt. Ein schönes Abendessen in einem gemütlichen elsässischen Restaurant lässt den Stress des Tages ein wenig abfallen. Dann werden die Augenlider schwer, das Hotelzimmer ruft. Dort wartet keine Arbeit mehr. Nur noch Beckmann und Kerner.