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Lackhersteller fürchtet neues Chemikaliengesetz

FAZ

Vorschlag der EU-Kommission stößt bei Politikern und Industrie auf Ablehnung
Kreis Miltenberg: Markus Hemmelrath, geschäftsführender Gesellschafter der gleichnamigen Lackfabrik in Klingenberg, will nichts ausschließen: "Wenn diese Verordnung wirklich Gesetz wird, kann ich die Firma verkaufen, dichtmachen oder verlagern." Was den Diplom-Chemiker mit so großer Sorge erfüllt, ist "Reach", ein Vorschlag der Europäischen Kommission für ein Chemikaliengesetz, das in der Industrie für helles Entsetzen gesorgt hat. Der vorliegende Entwurf einer Verordnung zum Schutz der Umwelt sieht vor, innerhalb von elf Jahren zumindest die ungefähr 30000 Stoffe zu überprüfen, von denen mehr als eine Tonne im Jahr produziert wird. So soll geklärt werden, ob von ihnen ein Risiko für die Verbraucher ausgeht.
Hemmelrath glaubt, daß der dazu erforderliche Aufwand für ihn so teuer würde, daß er "die Bücher zumachen" könnte. Wenn das Gesetz in der von der Kommission vorgelegten Fassung verabschiedet würde, könnte er sein Unternehmen nur halten, wenn er es mit Sitz und Produktion vollständig ins außereuropäische Ausland verlegte. Das Unternehmen hat Schwestergesellschaften in Spanien, Brasilien, Frankreich, China und USA. Es beliefert nach eigenen Angaben fast alle europäischen Autohersteller mit Serienlack. Bei der Produktion von Füllern, der Schicht unter dem Decklack, betrachtet Hemmelrath sich als Weltmarktführer. Der Umsatz konnte im letzten Jahr um 18 Prozent auf 53 Millionen Euro gesteigert werden. Die Zahl der Mitarbeiter hat sich in den zurückliegenden zehn Jahren auf heute 230 verdoppelt. Die Geschäfte gehen also gut, und das kommt dem Standort zugute: "Wir investieren zwei bis vier Millionen im Jahr", erklärt Markus Hemmelrath, der das Unternehmen gemeinsam mit seinem Bruder Matthias führt. Darum macht "Reach" nicht nur die beiden, sondern auch die Kommunalpolitiker nervös. Der Vorschlag würde das Unternehmen zwingen, die Reinstoffe, die zur Produktion der Autolacke verwandt werden, einzeln bei einer neu zu gründenden europäischen Behörde registrieren und genehmigen zu lassen – ein Verfahren, das Monate dauern und sehr viel Geld kosten würde. Derzeit werden für die Entwicklung eines Basislackes eine bis 1,5 Millionen Euro veranschlagt. Wird "Reach" Realität, so Hemmelraths Befürchtung, könnte die Entwicklung desselben Lackes sage und schreibe 18 Millionen Euro verschlingen. Die Untersuchung nur einer Substanz im Labor und ihre Registrierung würde nämlich je nach der verwandten Menge mindestens 50000 Euro kosten.
Tatsächlich scheint es nicht ganz so schlimm zu kommen. Nach dem Aufschrei der Industrie und zahlreichen Protesten von konservativen Europaabgeordneten verweist man in Brüssel inzwischen schon darauf, daß der jetzt vorliegende Entwurf noch von der alten Kommission stamme. Die Europaabgeordnete für Unterfranken, Anja Weisgerber (CSU), sagte dieser Zeitung, daß Günter Verheugen (SPD), einer der zuständigen Kommissare, in der vergangenen Woche noch einmal sein Entgegenkommen signalisiert habe. Zwar lehne er es ab, den gesamten Entwurf zurückzuziehen, um einen neuen vorzulegen. Änderungsanträgen der Europaabgeordneten stehe er aber anscheinend sehr aufgeschlossen gegenüber.
Die Neunundzwanzigjährige gehört unter anderem dem Umweltausschuß an. Dort will sie zum Beispiel dafür eintreten, daß die Kosten für die Registrierung einer Substanz nicht nach der eingesetzten Menge, sondern nach dem Gefährdungspotential gestaffelt würden. Sie zeigte sich zuversichtlich, im Zusammenspiel mit ihren Fraktionskollegen gerade im Hinblick auf die Lackindustrie das Schlimmste verhindern zu können. Die erste Lesung des Gesetzentwurfes soll im Herbst dieses Jahres abgeschlossen werden. Vor Anfang 2007, so war gestern in der Kommission zu erfahren, würden die neuen Bestimmungen wohl kaum in Kraft treten.
Am Ende dürfte der dadurch verursachte tatsächliche Schaden wohl nicht viel größer sein als die nachhaltige Verunsicherung der Unternehmen, die etwa in Klingenberg mit den Händen zu greifen ist. Anstatt zu investieren, üben sich die Unternehmen jetzt nämlich in der Interessenvertretung. Mit ihrer Überzeugungsarbeit machen sie nicht einmal vor den europäischen Grünen halt: Je weniger Substanzen auf ihr Risikopotential hin geprüft werden müßten, so das Argument, um so mehr Tierversuche ließen sich vermeiden.