Rede beim Besuch des Dalberg-Gymnasiums in Aschaffenburg

Sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter des Lehrerkollegiums.
Liebe Schülerinnen und Schüler.
Freude, heute hier zu sein.
Danke an Euch, Eure Lehrer und Eure Schulleitung.
Hoffe auf interessanten Vormittag mit Euch.

Einführung
Ihr seht, dass man viel mit Europa verbindet.
Europäische Einigung = Erfolgsgeschichte.
Über 60 Jahre Frieden.
Friedliche Wiedervereinigung Deutschlands.
Friedliches Ende des Kalten Krieges.
Weiterentwicklung der gemeinsamen Werte.
Alles niemals möglich ohne Europäische Union.
EU dieses Jahr Geburtstag.
50 Jahre.
Schon 1947: Churchill „Vereinigte Staaten von Europa“.
Damals noch zu früh.
Aber Vordenker in seiner Zeit.
Zusammenarbeit dann ab 1957.
Römische Verträge.
Beginn des Europäischen Einigungsprojekts.
Damals kein Gedanke an EU mit 27 Staaten.
Zusammenarbeit von 6 Ländern.
Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Luxemburg, Niederlande.
Projekt erfolgreich:
Gute Zusammenarbeit.
Verbesserung der wirtschaftlichen Lage.
Sicherheit (wirtschaftlich und militärisch).
Deshalb: neue Staaten wollten mitmachen.
Ja, da haben wir schon einiges zusammengetragen.
Also insgesamt waren es sechs Erweiterungsrunden.
Erste Erweiterung 1973: Vereinigtes Königreich, Dänemark, Irland.
Zweite Erweiterung 1981: Griechenland.
Dritte Erweiterung 1986: Spanien, Portugal.
Vierte Erweiterung 1995: Österreich, Finnland, Schweden.
Fünfte Erweiterung 2004: Zypern, Tschechische Republik, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien.
Sechste Erweiterung 2007: Bulgarien, Rumänien.
Heute 27 Mitgliedstaaten und 3 Kandidatenländer (Kroatien, ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Türkei – bei Türkei habe ich große Bedenken, dazu nachher noch mehr).
Über 500 Millionen Menschen heute in der EU.
Großes erreicht.
EU auch Eure Zukunft.
Euer Arbeitsmarkt.
Mit Europa aufgewachsen.
EU in vielen Lebensbereichen Selbstverständlichkeit.
Aber: immer wieder für die europäische Einigung kämpfen.
Geht nicht von alleine.
Beispiel: Verfassungsvertrag.
Negative Referenden in Frankreich und Niederlande.
Dazu nachher noch mehr.
EU hat also Geburtstag.
Grund für eine Reihe von Feiern und Aktionen.
Komme immer gerne in Schulen zu Besuchen.
Aber Feierlichkeiten auch einer der Gründe für Besuch heute in Mellrichstadt.
Nach dieser Einführung nun kurz ein paar Worte zu mir persönlich.
Dann zum Funktionieren der EU.
Am Ende ein paar Sätze zu Verfassung und Osterweiterung.
Danach Diskussion mit Euch.

Persönliches
Wahl, Listenplatz 4, junges Mitglied, jüngste aus Bayern.
Ziel in Politik: was verändern.
Möglichkeit: Europamandat.
Vertreterin für Unterfranken.
Vertreterin für 1,3 Millionen Bürger.
Anwältin für Europa – Beruf und Politik.
Wahl = Vertrauensbeweis = Verantwortung.
Voller Einsatz.
44 Sitzungswochen.
EVP-ED: Europäische Volkspartei und Europäische Demokraten.
Deutsche Gruppe.
CSU-Gruppe.
Ausschüsse:
Umweltfragen, Volksgesundheit, Lebensmittelsicherheit.
Beschäftigung und soziale Angelegenheiten.
Binnenmarkt und Verbraucherschutz.
Sprecherfunktionen.
Aufgabe im EP: Kampf gegen Bürokratie.
Aufgabe im Wahlkreis: Brücken schlagen.
Kontakt, Serviceangebot:
Bürgerbüro.
Bürgersprechstunde.
Internetseite.
Newsletter.
Besuche vor Ort in Schulen und Betrieben.
Förderleitfaden.
Besuchergruppen.

Wie funktioniert die EU?
Vier wichtigsten Institutionen:
Parlament.
Kommission.
Rat.
Gerichtshof.
Erste drei machen die europäischen Gesetze.
Gerichtshof passt auf, dass Gesetze richtig gemacht und angewandt werden.
Wichtigstes Organ: Parlament:
Vertretung der Völker Europas.
785 Abgeordnete aus allen Mitgliedstaaten.
Größte Fraktion: EVP 277 Mitglieder.
99 deutsche Abgeordnete.
Direkt vom Volk gewählt für jeweils 5 Jahre.
Nächste Europawahl 2009.
Da könnt Ihr dann über Eure Vertreter in Brüssel und Straßburg abstimmen.
Kommission:
27 Kommissare.
Kümmern sich um Umsetzung der Gesetze.
Alleiniges Gesetzesinitiativrecht (erklären!).
Rat:
Vertretung der 27 Regierungen in den Mitgliedstaaten.
Immer ein Land für 6 Monate Präsident.
Derzeit: Deutschland.
Besonderes Ereignis.

Wie entsteht ein Gesetz:
Vorschlag von Kommission.
Dann Änderungen vom Parlament = Erste Lesung.
Dann Änderungen vom Rat = Erste Lesung.
Dann wieder Parlament = Zweite Lesung.
Dann wieder Rat = Zweite Lesung.
Evtl. Vermittlungsverfahren.
Klingt kompliziert.
Aber Verfahren wichtig, damit alle Interessen berücksichtigt.
Am Ende Richtlinie oder Verordnung für über 500 Millionen Menschen.
Sorgfalt notwendig.

Europa für die Jugend.
Auch und gerade für jüngere Menschen hat die europäische Einigung viele konkrete Vorteile gebracht:
Schulpartnerschaften und das Erlernen von Fremdsprachen im Schulunterricht werden von der EU unterstützt;
der Austausch von Jugendlichen, seien sie Schüler, Studenten oder junge Arbeitnehmer, wird durch verschiedene Programme gefördert;
Schul- und Berufsabschlüsse werden europaweit anerkannt;
Studiengänge werden vergleichbar gemacht, um das Studium und die Arbeit in anderen EU-Staaten zu erleichtern;
Berufspässe für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden entwickelt, damit sie in anderen EU-Staaten leichter Arbeit finden können;
Jugendliche können im Rahmen des europäischen Freiwilligenprogramms an sozialen Programmen teilnehmen;
zwischen den mehr als 20 europäischen Staaten, die dem Abkommen von Schengen beigetreten sind, sind die Grenzen weitgehend abgeschafft worden, dadurch ist das Reisen gerade auch für jüngere Menschen - etwa mit dem Interrail-Ticket - erheblich einfacher geworden.

Zudem haben sich die Regierungen der EU-Staaten im Rahmen der „Lissabon-Strategie“ auf weitere Maßnahmen verständigt, die in den Mitgliedstaaten erreicht werden sollen:
Entwicklung von effektiven Maßnahmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen speziell für junge Menschen;
Verbesserung der Lage benachteiligter und in Armut lebender Jugendlicher;
Aufforderung an Arbeitgeber, Arbeitgeberinnen und Unternehmen, bei der beruflichen Eingliederung junger Menschen soziale Verantwortung zu zeigen;
Ermutigung von jungen Menschen, Unternehmergeist zu entwickeln und sich als Jungunternehmer und Jungunternehmerinnen zu betätigen.
Ihr seht: EU tut viel für junge Menschen.
Ein Beispiel nochmals ganz gesondert herausgreifen.

Europass
Europass ist europaweit einheitlicher und europaweit anerkannter Bildungsnachweis für junge Menschen.
Habt Ihr davon schon mal gehört?
Dann erklär ich diesen Europass einmal.
Bildung und Ausbildung sind elementar, um die Chancen des geeinten Europas sinnvoll nutzen zu können.
Dabei wird es immer wichtiger, Wissen und Information grenzüberschreitend und nachhaltig auszutauschen.
Der europass öffnet Türen zum Lernen und Arbeiten in Europa.
Mit seinen unterschiedlichen Bausteinen bietet er ein geeignetes Instrumentarium, um im In- und Ausland gemachte Erfahrungen zu dokumentieren und darzustellen.
Dabei vermittelt er ein umfassendes Gesamtbild der Qualifikationen und Kompetenzen einzelner Personen und erleichtert die Vergleichbarkeit im europäischen Kontext.
Der europass präsentiert persönliche Fähigkeiten, Kompetenzen und Qualifikationen in verständlicher und nachvollziehbarer Form.
So kann jeder sich für seine Bewerbung den europass Lebenslauf oder den europass Sprachenpass erstellen.

Der europass Mobilität dokumentiert praktische Erfahrungen im Ausland, während der europass Diplomzusatz und die europass Zeugniserläuterung für eine bessere Vergleichbarkeit von Abschlüssen aus Studium und Beruf sorgen.
Den europass Lebenslauf und den europass Sprachenpass kann jeder selbst im Internet herunterladen und ausfüllen.
Den europass Mobilität kann die Schule für Euch beantragen und ausfüllen.
Mit dem gesamten Europass habt ihr dann ein Instrument, das Euch europaweit bei der Suche nach Lehrstellen, Arbeitsstellen und Praktika unterstützt.
Wer sich näher für den Europass interessiert, kann sich gerne an mich oder mein Büro wenden – Ihr erhaltet dann weitere Informationen.

Verfassung
Nun anderes Thema.
Genauso wichtig wie konkrete Themen für einzelnen Bürger: Verfassung.
Europa muss zukunftsfähig gestaltet werden.
Das heißt auch, Dinge zu verändern.
2005: Verfassungs- und Finanzkrise.
Berechtigte Frage: Quo vadis Europa?
Wo geht es hin mit Europa?
Ursprung der Krise: Ablehnung der Verfassung.
In welchen Ländern wurde sie denn abgelehnt? Wer weiß das?
Richtig: in Frankreich und den Niederlanden.
Wichtig zu wissen: viele Staaten schon zugestimmt.
Aber dennoch: Prozess erstmal zum Stillstand gekommen.
Ablehnung war unerwartet und Schock.
Denn Verfassung genau, was Bürger wollten.
Bürger nicht gegen Verfassung – innenpolitische Beweggründe, aber vor allem Europaverdruss.
Verfassung – große Fortschritte:
Reform der Gesetzgebung: Mitsprache des EP im Agrarbereich (49 % des EU-Haushalts!!), Mitentscheidungsverfahren als Standardverfahren.
Reform des Rates: Öffentlichkeit der Tagungen, neues Mehrheitssystem – Mehrheit der Mitgliedsstaaten + Mehrheit der Bevölkerung.
Ausdrückliche Subsidiaritätsklausel.
Klares Bekenntnis zu EU als Werteunion.
Integration der Charta der Grundrechte – Fortschritt im Grundrechtsschutz.
Mehr Bürgernähe durch Europäischen Bürgerentscheid.
Projekt aber vorerst gescheitert.
Nicht abstimmen, bis Ergebnis passt ? würde Votum der Bürger nicht respektieren.
Große Herausforderung für die Zukunft.
Aber: EU schon viele schwierige Klippen umschifft, z.B. Politik des leeren Stuhls (de Gaulle):
Blockade der EU durch Fernbleiben.
Einstimmigkeitsprinzip -> ohne Frankreich keine Entscheidung.
Hoffnung und Zuversicht für die Zukunft.
Vor allem auch, weil Bürger aktiv mitwirken wollen.
Verfassung enorm wichtig für Weiterentwicklung und Integration der EU.
Neuer Ansatz durch Deutsche Ratspräsidentschaft.
Deutschland will Prozess wiederbeleben.
Angela Merkel diese Woche in Straßburg:
„Die Zeit des Nachdenkens ist vorbei.“
Bis Mitte des Jahres soll feststehen, wie bis Anfang 2009 der Verfassungsprozess erfolgreich zu Ende geführt werden kann.
Wir als Europaabgeordnete werden diesen Prozess tatkräftig unterstützen.
Denn ich bin von den Werten und Inhalten der Verfassung überzeugt!

Osterweiterung
Auch wichtiges Zukunftsthema: Grenzen Europas.
EU hat mit sechs Staaten angefangen.
Heute 27.
Erweiterungen wertvoll für europäische Integration.
Aber wo aufhören.
In 3 Jahren Anzahl der Mitgliedstaaten fast verdoppelt.
Von 15 auf 27.
Osterweiterung letzte Erweiterungsrunde.
Großer Schritt für EU.
Vollendung der Wiedervereinigung des Europäischen Kontinents.
Osterweiterung hat viele Ängste hervorgerufen.
Aber Erfahrung der ersten zweieinhalb Jahre zeigt: unbegründet.
Wirtschaft in den Grenzregionen stabil – zeigen Umfragen von Handwerkskammern und Wirtschaftsverbänden.
Zuwanderung an Arbeitskräften aus Osteuropa durch gute Schutzklauseln gering.
Exportsteigerungen in die osteuropäischen Staaten enorm ? Sicherung von Arbeitsplätzen bei uns.
Fördergelder: Erfolg für Bayern – trotz 12 neuer Mitgliedstaaten genauso viele Fördergelder aus der Strukturförderung wie bisher!
Neue Mitgliedstaaten fügen sich auch in Kommission und Parlament gut in demokratisches Leben der EU ein.
Aus meiner Sicht daher Osterweiterung Erfolg.
Wird EU voranbringen.
Aber nun erstmal genug Erweiterungen.
Brauchen Phase der Konsolidierung.
Das heißt: Erweiterungspause.
Neue Wege der Kommunikation finden.
Schwerer bei 22 Amtssprachen und 27 Staaten als zu Beginn mit 6 Staaten.
Pause, um uns aneinander zu gewöhnen.
Pause, um Institutionen zu reformieren.
Pause, um Menschen nicht zu überfordern.
Pause, um Europa nicht zu überfordern.

Türkei
Wenn Thema Grenzen Europas und Erweiterungspolitik, dann auch Thema Türkei.
Türkei = Partner: Europarat, NATO.
Aber andere Kultur: Religion, Geschichte.
Menschenrechtsprobleme: Weltfrauentag 2005.
63 Verhaftungen, 29 Frauen wegen Meinungsfreiheit.
Gewalt gegen Grundrechte.
Zypernfrage.
Islam.
Agrarstaat.
Vollmitgliedschaft: NEIN.
Nun: frostige Zeiten für die Türken angebrochen.
Europäische Union verschärft Ton.
Nachdem sich Ankara weiterhin strikt weigert, seinen Verpflichtungen im Rahmen der Beitrittsverhandlungen nachzukommen: Ultimatum im Dezember.
Türkei lehnt es nämlich nach wie vor ab, Flugzeugen und Schiffen aus Zypern die türkischen Flug- und Seehäfen zu öffnen.
Dazu jedoch ausdrücklich verpflichtet.
Ankara berechtigtem Druck nicht gebeugt.
Endlich Konsequenzen.
Aussetzen der Beitrittsgespräche in wichtigen Kapiteln.
Denn sogar die letzten Erweiterungseuphoriker haben endlich begriffen, dass ein „weiter so“ nicht länger möglich ist.
Zypern Vollmitglied der EU ? muss daher auch von der Türkei anerkannt werden.
Niemand darf Mitglied in einer Familie werden, wenn er die anderen Familienmitglieder nicht anerkennt.
Das gilt auch für die Türkei.
Regierung in Ankara gezeigt, dass Türkei nicht willens, sich europäischen Regeln zu unterwerfen.
Bestätigung aller Kräfte in Europa, die von Beginn an gegen eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU.
Auch auf vielen anderen Gebieten keine Fortschritte seit Beginn der Beitrittsverhandlungen.
Bei Folter, Menschenrechten, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit sowie der Kontrolle der Armee und der Geheimdienste so gut wie nichts bewegt.
Mit dem teilweise Aussetzen der Gespräche haben wir gezeigt, dass die EU sich dies nicht länger gefallen lässt.
Mein Lösungsvorschlag: Privilegierte Partnerschaft.
Was heißt das?
Zusammenarbeit wie mit einem Mitgliedstaat.
Aber eben nicht in allen Politikbereichen.
Nur in Politikbereichen, wo gemeinsame Überzeugungen bestehen.
Wäre schon heute möglich.
Kein Abwarten auf Ergebnis der Beitrittsgespräche.
Wäre für beide Seiten gut.
Gut für Europa, gut für Türkei.

Weitere Themen der Zukunftsgestaltung
Bin selbst an weiteren Themen dran, die die Zukunft der Menschen in Europa betreffen.
Verbesserung der Luftqualität.
Gesundheitsschutz.
Weniger belastende Stoffe in der Luft, vor allem weniger Autoabgase.
Gut für die Menschen in den Städten und in ganz Europa.
Einheitliche Kriterien, damit Menschen in ganz Europa gesünder leben können.
Damit in Zusammenhang: Euro 5.
Strengere Abgasnormen für Autos und Laster.
Kampf gegen Rauchen
Auch Gesundheitsschutz.
Rauchen tötet.
Deshalb EU konsequent gegen Rauchen.
Auch hier neue Regeln.
Zum Beispiel: Für Zigaretten darf nicht mehr so viel Werbung gemacht werden.

Abschluss
Könnte noch viele weitere Themen nennen, die interessant und wichtig sind für Zukunft.
Aber möchte es hiermit belassen und Möglichkeit für Fragen geben.
Möchte mich auch noch mal bei Euch für Interesse bedanken.
Und nun traut Euch, Eure Fragen zu stellen!
Danke.