Rede zur EU-Weinmarktreform

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dr. Hünnerkopf, lieber Otto,
Sehr geehrter Herr Ofenhitzer,
Liebe Frau Ziegler,

Sehr geehrte Damen und Herren.
Es ist mir eine große Freude, heute hier zu Ihnen über die EU-Weinmarktreform zu sprechen.
Denn die Weinmarkreform ist gerade für Unterfranken als herausragende Weinregion ein sehr wichtiges Thema.
Deshalb bin ich auch sehr gerne heute zu Ihnen gekommen.
Ich danke Dir, lieber Otto, nochmals herzlich für die Organisation dieses Termins.
Und ich danke Ihnen allen für Ihr Interesse an der EU-Weinmarktreform.

Weinmarkreform
Der Weinsektor ist ein wichtiger Wirtschaftszweig der EU.
Insgesamt bewirtschaften etwa 1,5 Millionen Winzer in Europa 3,4 Millionen Hektar Land.
An der gesamten landwirtschaftlichen Produktion der EU hat der Weinsektor einen Anteil von über 5,4 Prozent und liegt damit auf einem ähnlich hohen Niveau wie die Weizenproduktion.
Die große Bedeutung des europäischen Weins zeigt sich auch daran, dass mit Frankreich, Spanien und Italien die drei größten weinproduzierenden Staaten der Welt europäische Staaten sind.
Deutschland ist momentan der neuntgrößte Weinexporteur der Welt.
Auch wenn die EU noch immer etwa 60 Prozent der Weltproduktion an Wein abdeckt, gewinnen momentan insbesondere Weine aus Kalifornien, Chile, Südafrika oder aus Australien Weltmarktanteile hinzu.
Aus diesem Grund gibt es momentan in der EU zu viel Wein.
Die Überschüsse, die hauptsächlich in den Weinländern Südeuropas produziert werden, wurden bisher mit Hilfe der Krisendestillation beseitigt.
Doch diese Destillation ist sehr teuer – die Kommission muss jährlich bis zu 600 Millionen Euro aufwenden, um die Krisendestillation zu bezahlen.
Deshalb war das Hauptziel der Reform der Weinmarktordnung, zum Einen die Konkurrenzfähigkeit der europäischen Weine gegenüber den Weinen aus der Neuen Welt zu verbessern und zum Anderen die Krisendestillation abzubauen.
Der deutsche Wein ist diesbezüglich aber schon sehr gut aufgestellt.
In Deutschland wird zu 95 Prozent Qualitätswein hergestellt.
Insbesondere unser Frankenwein genießt weltweit einen exzellenten Ruf und erreicht bei Weinprämierungen immer wieder Spitzenplätze.
Meine Damen und Herren, das ist in erster Linie Ihr Verdienst.
Sie sorgen mit Ihrer konsequenten Qualitätspolitik dafür, dass unser Wein so gut ist.
Deshalb ist es gerade für den deutschen und den fränkischen Weinbau ein sehr großer Erfolg, dass die Krisendestillation jetzt ausläuft.

Nationale Finanzrahmen
Denn die so frei werdenden Gelder werden in Form von Nationalen Finanzrahmen an die Mitgliedstaaten verteilt.
Damit können diese Gelder gezielt und bedarfsgerecht für den nationalen Weinbau verwendet werden.
So wird Deutschland in Zukunft deutlich mehr Geld für die Förderung des Weinbaus aus Brüssel erhalten, die für Maßnahmen zur Absatzförderung oder zur Verbesserung der Werbung für den Wein verwendet werden können.
Deutschland wird ab 2012 jährlich etwa 38 Millionen Euro an Stützungsmitteln erhalten.
Die Gelder werden so gegenüber 2009 fast verdoppelt!
Und das ist die wichtigste Meldung für Sie:
Auch Franken wird aus diesen neuen Mitteln profitieren!
Die 38 Millionen Euro, die Deutschland für Stützungsmaßnahmen erhält, werden flächenmäßig auf die 13 deutschen Weinanbaugebiete aufgeteilt.
Unser Weinanbaugebiet Franken wird etwa 6 Prozent der deutschen Mittel bekommen.
Damit können wir davon ausgehen, dass die Gelder für Stützungsmaßnahmen von etwa 800.000 Euro auf über 2,3 Millionen Euro jährlich ab 2012 ansteigen werden.
Das Bayerische Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten erarbeitet gerade das „Bayerische Programm zur Stärkung des Weinbaus“.
Darin wird festgelegt, wie diese Mittel verwendet werden können.
So plant das Bayerische Staatsministerium, insbesondere das bereits bestehende Programm zur Umstrukturierung und Umstellung auszuweiten.
Beispielsweise können dann Maßnahmen zur Verbesserung der Bewirtschaftungstechnik, zum Aufbau von Terrassenlagen oder zur Installation von Tröpfchenbewässerungsanlagen gefördert werden.
Die Höhe der Fördersätze wird nach der Neigung der Weinberge gestaffelt.
Mit dieser Regelung werden die für Franken typischen Steillagen besonders berücksichtigt und gefördert.
Ein weiterer Punkt ist, dass die Bekanntheit des fränkischen Weines weiter gesteigert werden soll.
Auf diese Weise will Bayern die Vermarktung und damit den Absatz des Frankenweins verbessern.
Um dies zu erreichen, sollen Informationskampagnen, Werbemaßnahmen hinsichtlich der Qualität oder Studien über die Verbesserung von Absatzmöglichkeiten gefördert werden.
Als dritten Schwerpunkt plant das Bayerische Landwirtschaftsministerium Investitionen direkt in die Unternehmen.
Demzufolge sollen Zusammenschlüsse von Erzeugern und Investitionen in die Infrastruktur der regionalen Weinvermarktung gefördert werden.
Auch Investitionen der Winzer in ihre technische Ausstattung, die bisher nicht förderfähig waren, können über dieses Stützungsprogramm in Zukunft gefördert werden.
Die Ziele dieser Förderungen sind es, die Qualität unseres Weins noch weiter zu steigern und den Weinanbau in Bayern zu modernisieren.
Die Förderanträge werden von der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim bearbeitet.
Deshalb bin ich sehr froh, dass wir Herrn Ofenhitzer, den Leiter der Rechtsabteilung in der Landesanstalt, für die heutige Veranstaltung als kompetenten Ansprechpartner gewinnen konnten.
Ganz besonders freut mich natürlich, dass unser fränkischer Weinbau und damit hoffentlich auch Sie persönlich in Zukunft finanziell von der Weinmarktreform profitieren werden.
Die Reform war also grundsätzlich notwendig und zu begrüßen.
Wichtig für Franken.
Allerdings: Kommission schoss in manchen Punkten über das Ziel hinaus.
Erster Vorschlag der Kommission vom Juni 2006 war für die Winzer aus ganz Europa unannehmbar.
Viel zu wenig Rücksicht auf gewachsene Strukturen und Traditionen im nationalen und regionalen Weinbau.
Europäisches Parlament hatte eigentlich kein Mitspracherecht bei der Reform der Weinmarktordnung ==> wurde nur angehört
Dennoch haben wir, die Abgeordneten des Europäischen Parlaments im Januar 2007 in Form eines Initiativberichtes einen Gegenentwurf vorgelegt, der die regionalen Interessen der Winzer in ganz Europa viel besser berücksichtigt hat.
So haben wir beispielsweise einen besonderen Schutz der Steillagen gefordert.
Auch den Vorschlag der Kommission, die Saccharoseanreicherung des Weins zu verbieten, haben wir in dem Initiativbericht abgelehnt.
In ihrem neuen Vorschlag vom Juli 2007 ging die Kommission bereits auf einige Forderungen des Parlaments ein.
Dennoch gab es weiterhin erheblichen Verbesserungsbedarf.

Weinbezeichnungsrecht /Qualitätsweinprüfung
Beispiel: Kommission plante einheitliches europäisches Weinbezeichnungsrecht nach südländischem Vorbild.
System: Ein Wein steht für eine Region (Italien ==> Chianti, Frankreich ==> Bordeaux, Spanien ==> Rioja, Ungarn ==> Tokajer)
Deutsches Weinbezeichnungsrecht aber völlig anders!
Sehr viele verschiedene Weine pro Region.
Und gerade das macht den deutschen und fränkischen Wein aus!
Einzigartige Vielfalt an Weinen, die auch erhalten werden muss!
Und dafür haben wir uns im Europäischen Parlament eingesetzt.
Gibt nicht den einen Wein vom Würzburger Stein, sondern: einen Silvaner, einen Müller-Thurgau, einen Riesling, einen Domina, einen Spätburgunder und so weiter.
Wir, die Abgeordneten, haben der Kommission erst einmal klar machen müssen, dass es unterschiedliche Systeme in Europa gibt.
Systeme müssen auch in Zukunft gleichberechtigt nebeneinander stehen!
Letztlich ist es uns in gemeinsamer Anstrengung aller Ebenen gelungen, KOM zu überzeugen, dass diese regionalen Besonderheiten auch in Zukunft geschützt werden müssen.
Ich selbst: drei Bocksbeutel mit nach Brüssel genommen, der Kommissarin Fischer Boel gezeigt, dass es verschiedene Weine pro Lage gibt
Weiterer Punkt: Erhalt des deutschen Qualitätsweinsystems ==> garantiert „geprüfte Qualität im Glas“
Erhalt der Qualitätsweinprüfung (bei Regierung Unterfrankens)
Wichtiger Erfolg für den fränkischen Weinbau.
Wichtiger Erfolg für die Sicherung der hervorragenden Qualität des Frankenweins, die von der Weinprüfstelle kontrolliert und gewahrt wird.

Saccharoseanreicherung
Anreicherung des Weins während der alkoholischen Gärung mit Saccharose ==> wollte Kommission verbieten
Traditionelles Verfahren, wegen schlechterer klimatischer Bedingungen in Deutschland manchmal nötig
Wir sind gegen Verbot Sturm gelaufen ==> erfolgreich

Schutz des Bocksbeutels
Schutz des Bocksbeutels ==> für Franken von größter Wichtigkeit.
Mit der Reform der Weinmarktordnung wäre der Schutz des Bocksbeutels ausgelaufen.
Änderungsanträge zum Erhalt des Schutzes gestellt
Gemeinsamer Einsatz mit fränkischen Weinbauverband, StM Miller und BM Seehofer für Erhalt des Schutzes
Bocksbeutel = Symbol für Qualität und Tradition im fränkischen Weinbau
Bocksbeutel = international bekannt und geschätzt.
Dennoch schwierig, Kommission zu überzeugen.
Denn Sie können sich vorstellen: bei der Weinmarktordnung sind die Interessen von 27 EU-Staaten aufeinander geprallt.
Da war es nicht leicht, für eine einzelne Region in Europa Gehör zu finden.
Aber es ist uns geglückt.
Die Kommission hat zugestimmt, dass der Schutz weiterhin aufrecht erhalten bleibt.
Dafür wird im kommenden Jahr eine neue Durchführungsverordnung erlassen werden.
Ich stehe diesbezüglich schon in engem Kontakt mit dem Bundeslandwirtschafts-ministerium.
Dort wurde mir erst Anfang dieser Woche zugesichert, dass die momentan bestehende Regelung beibehalten werden soll.
Der Bocksbeutel bleibt damit unverkennbar fränkisch.
Dieser Erfolg hat mich sehr gefreut.
Wir Franken haben uns noch nie was nehmen lassen: von den Altbayern nicht unsere fränkische Identität und von Europa weder Wein noch Bocksbeutel!
Und das ist gut so, meine Damen und Herren!

Abschluss
Sie sehen, wir als Abgeordnete im Europäischen Parlament können die Interessen unserer Heimat in Europa einbringen und im Idealfall, wie in der Weinmarktreform, auch durchsetzen.
Sogar wenn wir eigentlich kein Mitspracherecht haben!
Und wir Abgeordnete geben Europa ein Gesicht.
Denn die EU ist für die Menschen in Europa da.
Dabei ist es uns als Volksvertretung sehr wichtig, auch auf die individuellen und regional unterschiedlichen Interessen einzugehen.
Denn das Motto der EU lautet „In Vielfalt geeint“.
Als Ihre Vertreterin in Europa kämpfe ich dafür, dass dieses Motto auch in Zukunft gültig ist und wir die fränkische Kultur in Europa bewahren.
Ich sehe mich selbst als Anwältin meiner Heimatregion und setze mich wo ich kann für Franken in Europa ein.
Deshalb freut es mich sehr, dass es uns gelungen ist, die fränkischen Belange bei der Weinmarktreform durchzusetzen:
Der Bocksbeutelschutz bleibt erhalten.
Unser bewährtes Qualitätssystem und die Qualitätsweinprüfung bleiben erhalten.
Und, was mich am meisten freut:
Der fränkische Weinbau wird in Zukunft finanziell stärker gefördert.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.