Neue Osnabrücker Zeitung
Drei Fragen
...an die CSU-Politikerin Dr. Anja Weisgerber (30), eine der jüngsten Abgeordneten im Europäischen Parlament:
In der Öffentlichkeit erscheint das Europa-Parlament oft als schwach. Offen gefragt, Frau Dr. Weisgerber, haben Sie wirklich viel zu sagen?
Ja, das haben wir. Seit 1979 hat das Parlament immer mehr Verantwortung bekommen. Bei mehr als 80 Prozent aller Gesetze bestimmen wir inzwischen mit. Heute ist das Parlament oft das Zünglein an der Waage. Zum Beispiel haben wir zwei der besonders heftig umstrittenen Richtlinien, die demnächst kommen, ohne EU-Kommission oder Ministerrat, den Kompromiss geschafft, der die beiden Gesetze verbraucher- und arbeitnehmerfreundlich macht. Ich spreche von der Dienstleistungs- und der Chemikalienrichtlinie.
Sie sind 2004 sicherlich mit großen Ambitionen nach Brüssel und Straßburg gekommen. Fühlen Sie sich heute desillusioniert, oder haben Sie erreicht, was Sie wollten?
Ich bin heute sehr überrascht, wie viel man bewegen kann. Anfangs denkt man natürlich Himmel, was kannst du unter 732 Abgeordneten ausrichten? Aber dann stellt man fest, dass die Fraktionen sehr spezialisiert arbeiten, Fachpolitik ist gefragt. Und wenn man dann als Berichterstatter mal für ein Thema wirklich verantwortlich war, dann spürt man, wie viel da an Gestaltungsmöglichkeiten vorhanden ist.
Merkt das denn draußen jemand?
Ja, die Menschen spüren es, wie die Beachtung des Parlaments steigt. Vor allem aber schauen die Regierungshauptstädte auf das Parlament. Berlin erwartet von uns Abgeordneten, dass wir dort etwas bewirken. Bei der Arbeitszeit-Richtlinie zum Beispiel habe ich mich dafür eingesetzt, pauschale Regelungen zu finden, die in jedem Mitgliedsland flexibel gehandhabt werden können. Das wurde auch so übernommen. Da spürt man dann shcon, wie groß die Verantwortung ist, weil das, was ich da vorgeschlagen habe, später für 150 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt.
Die Fragen stellte Detlef Drewes.