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Sorge um Arbeitsplätze

Main-Echo

Zwischen Wirtschaft und Umweltschutz: Chemie-Kompromiss macht niemanden froh

»Wenn das so kommt, sind Arbeitsplätze in Gefahr.« Ralf Hohmann, Werkleiter bei der Lackfabrik Hemmelrath in Klingenberg (Kreis Miltenberg), beurteilt den Kompromiss zur EU-Chemikalienpolitik negativ. Ihm pflichten Branchenverbände bei. Auch Verbraucherschützer sind nicht einverstanden. »Wir haben uns mehr erhofft«, sagt Umweltmediziner Peter Ohnsorge aus Würzburg.

Nach jahrelangen Verhandlungen haben sich das Europäische Parlament und die 25 EU-Mitgliedstaaten auf einen Kompromiss beim Chemikalien-Recht verständigt, dafür steht das Kürzel Reach (siehe »Für Mensch und Natur«).

Ralf Hohmann vom Lackproduzenten Hemmelrath mit 250 Mitarbeitern hält die Einigung für »handwerklich schlecht gemacht«. Er sieht Probleme auf die Firma zukommen. Wie Reach in der Praxis funktionieren soll, sei unklar. »Wir haben noch keine Umsetzungsvorschriften.« Klar ist indes für ihn, dass Reach zum Beispiel durch die Registrierung von Stoffen eine »massive Kostensteigerung« verursache. Wie hoch, sei noch nicht absehbar. Bei der angespannten Marktlage könne Reach für die Firma Hemmelrath durchaus existenzbedrohend sein.

Zufrieden mit Reach ist hingegen Anja Weisgerber (CSU), Abgeordnete des Europa-Parlaments aus Schweinfurt. »Reach ist ein Meilenstein für den Verbraucherschutz« (siehe »Die Chemie stimmt: Der Verbraucher ist der Sieger«). Weisgerber hat sich mehrfach mit den Problemen der Chemie-Firmen im Mainviereck auseinandergesetzt und ist sicher, dass der Kompromiss morgen im Parlament angenommen wird. »Er ist ein Ausgleich zwischen Wirtschaft und Umweltschutz.« Ferner zeichne sich ab, dass die Zement- und Gipshersteller Knauf (Iphofen, Kreis Kitzingen) und Schwenk (Karlstadt, Main-Spessart-Kreis) entgegen anfänglicher Befürchtungen nicht von Reach berührt seien.

Wettbewerbsnachteile befürchtet

Genau so negativ wie die Lackfabrik Hemmelrath beurteilt Albert Franz den Stand der Dinge. Der Standort-Manager des Industrie-Centers Obernburg (ICO) sieht die Wettbewerbsfähigkeit seiner Unternehmen gegenüber Nicht-EU-Ländern eingeschränkt und befürchtet Bürokratismus. Das ICO produziert mit über 3000 Mitarbeitern jährlich 125000 Tonnen Chemiefasern. Sie werden vor allem in der Automobilindustrie für Airbags, Gurte und Autoreifen eingesetzt.

Bei der Produktion dieser Garne kommt Reach ins Spiel. Laut Franz könnte der Chemie-Kompromiss die ICO-Betriebe zwingen, Herstellungsprozesse abzuwandeln. Eine einzige Chemie-Komponente zu ändern, könne zwei bis drei Millionen Euro kosten. Zum Vergleich: Im ICO wird mit etwa 100 verschiedenen Komponenten gearbeitet. Ob sich Reach auf die Arbeitsplätze auswirkt, ließ Franz gestern offen.

Textilien, Möbel, Elektronik: Auch Branchen, die nicht in erster Linie mit Chemie in Verbindung gebracht werden, müssen sich mit Reach auseinandersetzen. »Fern jeder Realität« sei es, aus Fernost eingeführte Textilien nach den Reach-Vorgaben zu kontrollieren, sagt beispielsweise Friedhelm Ahlers vom Gesamtverband Textil und Mode in Frankfurt. Die Mengen seien viel zu groß. Auch Ahlers spricht von Wettbewerbsverzerrung, Bürokratie und Arbeitsplatzabbau. Im schlimmsten Fall seien 60000 der bundesweit 128000 Jobs in der Textilbranche betroffen.

Unzufrieden mit dem Kompromiss ist aber auch die Gegenseite. Umweltverbände behaupten, die Lobbyisten der wirtschaftsstarken Chemie-Industrie hätten sich durchgesetzt. Das sieht auch Mediziner Peter Ohnsorge aus Würzburg so. Er sitzt im Vorstand der europäischen Akademie für Umweltmedizin und des deutschen Berufsverbands der Umweltmediziner. Reach habe sich nach hoffnungsvollem Beginn enttäuschend entwickelt. Der Kompromiss sei »ein Nachteil für die Verbraucher«. Krebserregende Substanzen blieben auf dem Markt, obwohl es Alternativen gebe.

Dennoch sei mit Reach eine Entwicklung in der Chemikalien-Politik eingeleitet worden, so Ohnsorge. Er gibt sich kämpferisch. »Der Prozess ist nicht beendet, sondern angestoßen.« Der Mediziner hofft darauf, dass Reach in den nächsten fünf Jahren nachgebessert wird.